: Syrien nicht nächstes Ziel
Britischer Außenminister wirft Damaskus Kooperation mit Saddam Hussein vor. Die Türkei und die EU rufen die USA zur Mäßigung auf. Iran will flüchtende irakische Führungsmitglieder festnehmen
BERLIN rtr/afp/ ap ■ Großbritannien hat Syrien eine Zusammenarbeit mit dem entmachteten irakischen Präsidenten Saddam Hussein vorgeworfen. „Es gibt jede Menge Beweise für eine Kooperation zwischen der syrischen Regierung und dem Saddam-Regime in den vergangenen Monaten“, sagte der britische Außenminister Jack Straw gestern. Straw hatte zuvor erklärt, Großbritannien und die USA hätten nicht die Absicht, nach Irak auch Syrien anzugreifen.
„Es ist wichtig, dass sich Syrien nach dem Ende des Saddam- Regimes die neue Realität bewusst macht“, sagte Straw in Kuwait-Stadt, der zweiten Station einer Reise durch verschiedene Golfstaaten. „Es gibt viele Fragen, die Syrien beantworten muss.“
Die USA haben Syrien in den vergangenen Tagen unter anderem vorgeworfen, Mitgliedern der irakischen Führung Unterschlupf zu gewähren. Syrien hat dies zurückgewiesen. Seit Freitag kontrollieren US-Truppen die größten Übergänge an der syrisch-irakischen Grenze.
Auch Israel erhöhte den Druck auf Syrien. „Wir haben eine lange Liste von Forderungen, die wir gedenken, den Syrern vorzulegen, und es ist angemessen, dass dies durch die Amerikaner getan werden sollte“, sagte Verteidigungsminister Schaul Mofas der Zeitung Ma’ariv. Zuerst müsse die Bedrohung durch die Hisbollah aus dem Südlibanon beendet werden.
Die türkische Regierung warnte die USA eindringlich davor, nach dem Krieg im Irak jetzt andere Staaten der Region wie Syrien oder Iran ins Visier zu nehmen. Äußerungen aus Washington, in denen die Möglichkeit neuer Konflikte mit Damaskus oder Teheran angedeutet würden, seien „sehr beunruhigend“, sagte Außenminister Abdullah Gül gestern in Ankara.
Auch Bundesaußenminister Joschka Fischer und der Koordinator der EU-Außenpolitik, Javier Solana, mahnten beim EU-Außenministertreffen in Luxemburg zur Zurückhaltung gegenüber Syrien. Fischer sagte: „Wir sollten uns darauf konzentrieren, den Frieden zu gewinnen und nicht in eine neue Konfrontation zu geraten.“ Solana forderte die USA auf, sich im Ton gegenüber Syrien zu mäßigen.
Den Vorwurf der USA, Syrien besitze Massenvernichtungswaffen, wies die Sprecherin des Außenministeriums in Damaskus gestern zurück. Die Amerikaner hätten jahrelang davon gesprochen, dass es Massenvernichtungswaffen in Irak gebe. Bisher hätten sie dafür noch keine Beweise. „Ich möchte anmerken, dass es biologische, chemische und atomare Massenvernichtungswaffen im Nahen Osten gibt. Sie sind in Israel, nicht in Syrien“, sagte Buthaina Schaaban in einem Interview des libanesischen Fernsehens.
Die Regierung in Teheran kündigte gestern an, Mitglieder der entmachteten irakischen Führung festnehmen zu lassen und vor Gericht zu stellen, falls sie in den Iran flüchten sollten. Die Führung des Nachbarlandes habe Verbrechen gegen die iranische Nation begangen, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Teheran zur Begründung in Anspielung auf den verlustreichen iranisch-irakischen Krieg von 1980 bis 1988.