: Frühwarnsystem soll es richten
Innenausschuss diskutiert über Strategien im Umgang mit Problemkiezen. Innensenator Körting (SPD) verteidigt sein Vorgehen und setzt auf eine Mischung aus Repression und Prävention
VON PLUTONIA PLARRE
Das Eingeständnis, bei der Veröffentlichung des Kiezatlasses grundlegende Fehler gemacht zu haben, blieb aus. „Im Ergebnis“, sagte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gestern im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses, „bin ich mit der Diskussion hochzufrieden.“ Körting hatte vor einigen Wochen eine Liste von neun Berliner Problemkiezen vorgelegt, die auf keiner seriösen Datenbasis, sondern auf der subjektiven Einschätzung der Polizeidirektionen beruhte.
Ein Sturm der Entrüstung war die Folge gewesen. Anwohner und Bezirksbürgermeister sprachen von Stigmatisierung, und auch aus Polizeikreisen verlautete Kritik an der Art und Weise, wie die Liste zustande gekommen ist.
Das Einzige, was Körting gestern eingestand, war, dass bei der Darstellung der Problemlage in den Kiezen „der ein oder andere handwerkliche Fehler gemacht worden ist“. Das habe in der Öffentlichkeit zu dem „Missverständnis“ geführt, die Situation in den genannten neun Wohnvierteln sei überall gleich schlimm. Es sei aber nicht darum gegangen, eine wissenschaftliche Studie über die Kieze zu erstellen, ging Körting gleich wieder in Vorwärtsverteidigung. Für ein solches Monitoring seien die Senatsverwaltungen für Soziales und Stadtentwicklung zuständig. Aufgabe der Polizei sei es vielmehr, eine Art Frühwarnsystem für problematische Tendenzen in den Kiezen zu entwickeln, sagte Körting und leitete damit zu der eigentlichen Fragestellung der Ausschusssitzung über: der nach den Strategien der Polizei im Umgang mit Problemkiezen.
Eine erhöhte, sichtbare Präsenz der Beamten „zur Gewaltabschöpfung“ bis hin zu einer verstärkten Präventionsarbeit wie Schulbesuche und Teilnahme an Kiezgremien, so lautet Körtings Polizeikonzept. Die Mischung aus Repression und Prävention wird in dem für den Problemkiez Schönberg Nord zuständigen Polizeiabschnitt 41 schon lange praktiziert und ist also keine neue Erfindung. Über die polizeilichen Maßnahmen hinaus kündigte Körting an, dass sich der Senat alsbald mit dem Thema befassen werde. Präventionsarbeit sei ein kleinteiliges Geschäft, das die gesamte Gesellschaft angehe: „Prävention ist Bürgerpflicht und auch Bürgermeisterpflicht.“
Den innenpolitischen Sprecher der CDU, Frank Henkel, bewegte vor allem die Sorge, wie die Polizei „mit ihrer dünnen Personaldecke“ verstärkt in den Kiezen tätig sein soll. Sein Gegenvorschlag: Wiederbelebung der von Rot-Rot gestrichenen Freiwilligen Polizeireserve und Einsatz von Videoüberwachung. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Wolfgang Wieland, äußerte grundsätzliche Kritik. Es sei ein Fehler gewesen, einen Kiezatlas vorzulegen, der auf der subjektiven Einschätzung einiger Polizeibeamter beruhe. Er warne davor, die Negativliste fortzuschreiben, so Wieland, „sonst stehen die Kieze demnächst in den Reiseführern Berlins“. Der trockene Kommentar eines Sicherheitsfachmanns im Zuschauerraum nach der Sitzung: „War ein bisschen dünn, das Ganze.“