Beklommenes Herz

Das Cafée mit Herz braucht schnell neue Räume. Bezirksversammlung Mitte gegen Neubau. 22.000 Stunden Obdachlosen-Arbeit für lau

Wir als Trägerverein sind sehr interessiert, das Café hier im Gelände zu behalten

von GERNOT KNÖDLER

Das Cafée mit Herz auf dem Gelände des ehemaligen Hafenkrankenhauses gerät zusehends unter Druck. Die jetzigen Räume des Obdachlosen-Cafés im Haus 5 hat die Stadtentwicklungsgesellschaft (Steg) an die Stiftung Alsterdorf vermietet. Spätestens zum Jahresende braucht das Café deshalb eine neue Bleibe. Ein Neubau am ehemaligen Pförtnerhäuschen wird von der Bezirkspolitik blockiert. Eine Übergangslösung auf dem Gelände – so sie die Steg denn ermöglichte – griffe die Rücklagen des Cafés an und ginge zulasten der Neubau-Pläne.

SPD, CDU und Schill-Partei in der Bezirksversammlung Mitte wollen die Obdachlosentagesstätte am liebsten aus St. Pauli verbannen. Im Januar baten sie Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) auf Antrag der SPD, „mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln dafür Sorge zu tragen, dass keine Erweiterung der Hilfsangebote für Obdachlose, insbesondere auch nicht durch das ,CaFée mit Herz‘ erfolgt“. Die vielen Einrichtungen dieser Art auf dem Kiez lockten im Übermaß Obdachlose an.

Möglichkeiten, ein neues Café am Pförtnerhäuschen zu verhindern, gibt es reichlich: So würde der Neubau die Bebauungsgrenze um 27 Quadratmeter überschreiten. Eine Genehmigung liegt im Ermessen des Bauamtes. Der rot-grüne Senat habe dem Café eine Anschubfinanzierung von 200.000 Euro versprochen, sagt dessen Geschäftsführer Holger Hanisch. Über die Hälfte des Geldes, das aus dem Haushalt der Stadtentwicklungsbehörde hatte kommen sollen, entscheide jetzt der Bezirk.

„Wir können mit Stolz sagen, das wir unsere Eigenfinanzierung fast schon zusammen haben“, sagt Hanisch. Dass die Anschub-Finanzierung durch die öffentliche Hand noch immer nicht steht, ist für ihn bitter, weil sich deshalb Spendenwillige zurückhielten. Gleiches gilt für die Steg, die das ehemalige Hafenkrankenhaus für die Stadt verwaltet und ein realistisches Finanzierungskonzept sehen möchte, bevor sie ihr Okay zu dem Neubau gibt. „Wir wollen da keine Investitionsruine haben“, sagt ihr Sprecher Rüdiger Dohrendorf.

64.000 Euro hat das Café nach eigenen Angaben in den vergangenen drei Jahren an Mitgliederbeiträgen und Spenden eingenommen. 130 Gästen sei eine Wohnung, 100 ein Job vermittelt worden. Im Vorjahr hätten 45 Helfer unentgeltlich fast 22.000 Stunden gearbeitet. „Die Leistungsbilanz kann sich sehen lassen“, findet St. Pauli-Pastor Sieghard Wilm. „In einer Zeit, in der überall gespart werden muss, sollten Politiker dankbar sein, dass es ziviles Engagement gibt.“

Das Argument, ein Neubau würde das Viertel mit Obdachlosen überfluten, hält er für Unsinn. „Die Reeperbahn ist de facto ein Magnet für Leute, die sich durchs Leben schlagen“, sagt der Pastor. So sei das seit 150 Jahren.

Das Café gehört zu dem wenigen, was von dem Sozial- und Gesundheitszentrum, das eine Bürgerinitiative für das Hafenkrankenhaus erstritten hat, übrig geblieben ist. „Wir als Trägerverein sind sehr daran interessiert, das Café hier im Gelände zu behalten“, betont Christian Lott vom Vorstand. Der Arzt betreibt eine Praxis auf dem Gelände.