: Prima Provinz
Junias und Speedmarket Avenue liefern den Beweis, dass nicht alles, was gut ist, aus Berlin kommen muss. Eine musikalische Lektion für Großstädter
Hattingen, das klingt nach Süddeutschland, nach ganz weit weg und nach jedem Normalsterblichen völlig unbekannt. Nun ist es ja für den Berliner an sich absolut unverständlich, wie jemand außerhalb Berlins, also wohnhaft in wahlweise Ost- oder Westdeutschland, überhaupt überleben geschweige denn mit dem Begriff „Kultur“ etwas anfangen kann. Zugegebenermaßen scheint das kulturelle Freizeitangebot in Hattingen (das übrigens zwar am Südrand des Ruhrgebiets, aber deshalb noch lange nicht in Süddeutschland liegt) etwas einseitig-sportiv. Es finden sich 77 Sportvereine, diverse Minigolfanlagen, ein Irrgarten, eine Indoor-Cartbahn und der einzige Skilift im Ruhrgebiet. Man sollte jedoch nicht glauben, dass dadurch die Menschen in der Provinz in depressive Lähmungszustände verfallen. Erkenntnis: Angebot klein = eigene Kreativität groß. Anstatt also umgehend den ganzen Ort nach Berlin umzusiedeln, haben drei der 29.088 männlichen Einwohner Hattingens beschlossen, es dem Rest der Indie-Pop-Alternative-Rock-Welt mit ihrer Band Junias zu zeigen, und das ist jetzt schon einige Jahre von Erfolg gekrönt. Heute Abend werden sie dann mit Speedmarket Avenue aus der schwedischen Provinz (kennt jemand Norrköping?) auch die skeptischen Berliner überzeugen. Vielleicht. TIG