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Ivorische Rebellen fahren jetzt zweigleisig

Einige Rebellen der Elfenbeinküste treten in die Regierung ein. Der Krieg im Westen des Landes geht dennoch weiter

BERLIN taz ■ Der Zusammenbruch des Friedensprozesses in der Elfenbeinküste ist in letzter Minute abgewendet worden. Fünf der neun designierten Minister aus den Reihen der Rebellen leisteten am Montag in Abidjan ihre Amtseide als Angehörige der im März zwischen Regierung und Rebellen vereinbarten Allparteienregierung.

Bei der Zeremonie im gigantischen Hochhaus der Kakaobehörde am Montagnachmittag nahmen die Minister der kleinen westivorischen Gruppen MPIGO (Ivorische Volksbewegung des Großen Westens) und MPJ (Bewegung für Gerechtigkeit und Frieden) ihre Posten ein, ebenso drei der sieben Minister der MPCI (Patriotische Bewegung der Elfenbeinküste), die die Nordhälfte des Landes kontrolliert. Soldaten der französischen Armee und der westafrikanischen Eingreiftruppe überwachten den Vorgang; die Soldaten der regulären Armee blieben draußen.

Die vier anderen MPCI-Minister, darunter der als Informationsminister vorgesehene MPCI-Chef Guillaume Soro, bleiben der Regierung jedoch weiterhin fern. Sie haben bisher nur einmal an einer Kabinettssitzung teilgenommen und haben noch keinen Amtseid geschworen. Soro hatte letzte Woche den Rückzug der Rebellen aus der Allparteienregierung verkündet, nachdem die Luftwaffe der Regierung Rebellenorte im Westen des Landes bombardiert hatte.

Inzwischen haben die Rebellen gemerkt, dass man durchaus gleichzeitig regieren und Krieg führen kann; die bisherige Regierung tut das schließlich auch. Während MPIGO-Politiker Roger Banchi am Sonntag nach Abidjan reiste, um Minister für Kleinbetriebe zu werden, eroberten seine Truppen die westivorischen Orte Zouan-Hounien und Bin-Houyé zurück, die sie eine Woche vorher verloren hatten.

Am Montag folgten erneute Luftangriffe der Regierung. Gestern wollten französische Militärs Anschuldigungen der Rebellen überprüfen, wonach dabei ein internationales Institut zur Erforschung des Burulli-Geschwürs – einer Lepra-ähnlichen Tropenkrankheit – zerstört worden sei.

Die Kämpfe im Westen der Elfenbeinküste verselbstständigen sich zugleich vom größeren Kriegsgeschehen. Beide Seiten werden aus Liberia unterstützt – die Rebellen von Anhängern des dortigen Präsidenten Charles Taylor, die Regierung von dessen bewaffneten Gegnern, die derzeit nahe der ivorischen Grenze vorrücken.

Dazu kommt ein ethnischer Konflikt. Auf Rebellenseite steht die Volksgruppe der Dan, aus deren Reihen der zu Beginn des Krieges in Abidjan getötete Exdiktator Robert Guei kommt und das sich als Zielscheibe von Übergriffen der Regierung fühlt. Auf Regierungsseite steht das Volk der Wê, das den Dan die Planung eines Genozides vorwirft. Die jeweiligen Milizen gehen im Schatten des Bürgerkrieges gewaltsam gegen die jeweils andere Ethnie vor. Staatschef Gbagbo empfing an den letzten beiden Montagen Vertreter der beiden Seiten und rief sie dazu auf, sich nicht in eine Kriegslogik wie in Liberia hineinziehen zu lassen. Der Regierungseintritt der westivorischen Rebellen dürfte da hilfreich sein. DOMINIC JOHNSON

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