Mediengigant AOL angeklagt

Manager sollen Anleger getäuscht und so 1,7 Milliarden Dollar eingestrichen haben

HAMBURG taz/afp ■ Enttäuschte Anleger klagen den weltgrößten Internet- und Medienkonzern AOL Time Warner an, seine Bilanzen gefälscht zu haben. Wegen Betrugs reichten die Universität von Kalifornien und der Longview Collective Pensionsfonds, in dem tausende Staatsbedienstete für ihre Rente Geld angelegt haben, Klage vor einem Gericht in Los Angeles ein.

Die Vorwürfe: AOL habe im Geschäftsjahr 2000/2001 seine Einkünfte um 1 Milliarde Dollar zu hoch angegeben. Außerdem seien die Abonnentenzahlen und die Zahl der Werbekunden vorsätzlich geschönt worden, heißt es in der Klageschrift. Zu den Klägern gehört die Universität von Kalifornien. Sie hat nach eigenen Angaben durch Kursverluste nach der Fusion von AOL mit Time Warner – die angeblich durch Bilanztricks begleitet worden war – 450 Millionen Dollar verloren.

AOL Time Warner äußerte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen. Die Kläger beschuldigen führende Unternehmensmanager, darunter CNN-Gründer Ted Turner, die wirtschaftlich fragwürdige Fusion aus Eigennutz vorangetrieben zu haben und des verbotenen Insiderhandels. Fünf Konzernbosse sollen durch Aktienoptionen nach dem Zusammenschluss 1,7 Milliarden Dollar eingestrichen haben. Dagegen hat die AOL-Aktie seit Januar 2001 rund 80 Prozent ihres Wertes eingebüßt.

An der Frankfurter Börse verlor AOL Time Warner bis Dienstagmittag trotz allgemeinen Kursaufschwungs mehr als 3 Prozent an Wert. Nicht allein die Börsianer erwarten Auswirkungen auch für deutsche Anleger. Möglichweise wird das US-Gericht deutsche Anleger in den „Kreis der Anspruchsberechtigten“ aufnehmen, heißt es bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitzer (DSW). Hiesige AOL-Aktionäre müssten jedoch erst nach einem Urteil selbst aktiv werden.

HERMANNUS PFEIFFER

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