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Archiv-Artikel

Betr.: Olympia-Bewerbung, taz hamburg vom 14. 4. 03

Selbst schuld

Die Niederlage bei der Olympia-Wahl ist vornehmlich auf den Mitte-Rechts-Senat zurückzuführen. Eine Stadt, die bei jeder Gelegenheit heraus posaunt, Weltstadt mit internationalem Flair zu sein, ist es nämlich nicht. Mondäne Städte von Rang überzeugen mit liberalen Taten statt mit markigen Worten.

Und genau hier liegt die Crux: Während Leipzig mit Bildern der friedlichen Revolution von 1989 glänzen konnte, gingen von Hamburg noch vor wenigen Tagen Bilder um die Welt, wo Wasserwerfer vor demonstrierende Kinder aufgefahren werden. Die Hansestadt zahlt jetzt den hohen Preis für die Regierungsbeteiligung eines Rechtspopulisten!

Rasmus Ph. Helt

Ich bin wahrscheinlich einer der wenigen Hamburger, der Freudensprünge gemacht hat, als Leipzig den Zuschlag für die Olympia-Bewerbung bekam. Unter anderen politischen Verhältnissen hätte ich es der Stadt sehr gegönnt, aber nicht mit diesem Senat, der sich aus einem Sammelbecken deklassierter Polit-Amateure zusammensetzt, sich fast vollständig öffentlicher Diskussionen entzieht und so ziemlich alles mit Füßen tritt, was einer fortschrittlich und demokratisch verfassten Zivilgesellschaft heilig ist.

Es kommt wohl nicht von ungefähr, dass der Olympia-Bewerbung und dem „Organisationskomitee“ hanseatische Arroganz, unterkühlte Steifheit und eine gehörige Portion Bürokratie nachgesagt werden. Eine weltoffene, mit Leichtigkeit, Kreativität und Sensibilität für das Fremde verbundene Bewerbung erscheint kaum glaubwürdig, wenn fast tägliche Polizeiaufgebote, die mehr und weniger Erinnerungen an totalitäre Systeme wecken, das Bild der Innenstadt prägen, gewalttätige Übergriffe gegen Schüler, Ausländer und sozial Ausgegrenzte an der Tagesordnung sind und die Zuspitzung sozialer Spaltungen zum Prinzip von Politik in dieser Stadt erklärt wird.

Aber nun haben sie endlich einmal ihre Lektion erhalten. Der Senat steht praktisch mit leeren Händen da. Und das ist gut so! Nun, wo die olympische Seifenblase geplatzt ist, darf man gespannt sein, ob diese scheinbar über jeden Zweifel erhabene politische Kaste außer einem perfiden Sicherheits- und Ordnungswahn überhaupt etwas Konstruktives zu bieten hat. Hergen Hillen