: Das Pfand wird saftig
Jetzt droht auch Saftkartons und Weinflaschen das Pfand, weil sich Bundesumweltminister Jürgen Trittin und der Bundesrat nicht auf Novelle der Verpackungsverordnung einigen können
BERLIN taz ■ Bisher auf Cola und Bier, künftig auch auf O-Saft und Rioja: Voraussichtlich wird ab Ende diese Jahres für Saft und Wein in Tetra-Pak- oder Einwegflasche Pfand kassiert. Darauf verwies gestern Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne). Er selbst wolle ein derartiges Pfand zwar verhindern, doch ließen das, so Trittin, die Ministerpräsidenten der Unions-geführten Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, Edmund Stoiber, Erwin Teufel und Roland Koch, nicht zu.
Hintergrund ist die derzeit gültige Verpackungsverordnung, die schon 1991 der damalige CDU-Umweltminister Klaus Töpfer auf den Weg brachte. Er wollte damit gegen die Ex-und-hopp-Verpackungen vorgehen – und legte fest: Falls der Mehrweganteil in zwei Jahren nacheinander unter 72 Prozent fällt, kommt das Pfand. Die Mehrwegquote sank. Doch statt das Pfand einzuführen, strickte Töpfer-Nachfolgerin Angela Merkel (CDU) neue, komplizierte Regeln. Ob Pfand erhoben wird, hängt seitdem vom Inhalt, nicht allein von der Verpackung ab. So bleibt etwa Eistee vom Pfand verschont, Saft und Wein aber eben nicht.
Als Bundesumweltminister Jürgen Trittin letztes Jahr dann das Pfand endlich einführte, wollte er zugleich die Regeln wieder vereinfachen. Im April 2003 legte er dazu eine Novelle vor, die er, so sagt Trittin, sowohl mit den SPD- als auch den Unions-geführten Bundesländern „en detail“ abgestimmt hatte. Der Bundestag nickte sie denn auch ab. Seitdem liegt sie nun aber im Bundesrat auf Eis.
Und so kommt möglicherweise auch ein Pfand von 25 beziehungsweise 50 Cent auf solche Verpackungen, die mittlerweile gar nicht mehr für einen Umweltfrevel gehalten werden: Saftkartons haben laut einer Studie des Umweltbundesamts „keine erheblichen Nachteile“ gegenüber Mehrwegverpackungen – vorausgesetzt, sie werden recycelt. Auch bei Weinflaschen habe sich das Sammeln im Container bewährt, erklärt ein Sprecher Trittins. Angesichts der vielen Weinimporte sei der Aufwand für ein Mehrwegsystem ohnehin zu groß. Der Bundesumweltminister forderte die Länderkammer gestern deshalb auf, die Novelle nicht länger zu blockieren.
Einen „Pfand-Fundi“ schimpfte indes Hubertus Pellengahr vom Hauptverband des Deutschen Einzelhandels Jürgen Trittin. Das Pfand mache keinen Sinn, koste Arbeitsplätze und nütze der Umwelt nichts. Von „großem Erfolg“ spricht hingegen Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe. Brauereien hätten zum Beispiel umgestellt, verkauften jetzt 80 Prozent weniger Dosenbier. Discounter wie Lidl und Aldi hatten zum endgültigen Start des Pfands, am 1. Oktober 2003, Dosen aus den Regalen verbannt. HANNA GERSMANN
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