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Archiv-Artikel

Kita-Mauscheleien

Akten belegen: Senat täuschte Parlament und Eltern. Selbst Behördenmitarbeiter beschwerten sich darüber

Der Hamburger Senat hat im Juni 2003 eine kleine Anfrage des Abgeordneten Thomas Böwer (SPD) bewusst falsch beantwortet. Das wurde jetzt bei Durchsicht der Kita-Akten bekannt. Veranlasst wurde dies von der „Anfragekommission des Senats“, die von der Senatskanzlei koordiniert wird. In dieser führt in der Regel Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) den Vorsitz.

Böwer hatte am 17. Juni wissen wollen, wieviel Geld noch für Gutscheine der bis dato unversorgten berufstätigen Erstantragssteller (Priorität 5) zur Verfügung stehe. In dem Antwortentwurf aus der Kita-Abteilung der Behörde für Bildung und Sport (BBS) hieß es, die Mittel seien für 2003 „bereits verplant“. In einem überarbeiteten Entwurf wird dies durch „festgelegt“ ersetzt. Auf Nachfrage der Präsidialabteilung, was dies bedeute, antwortete die Abteilung, es stünden „keine“ Mittel mehr zur Verfügung. Dies entsprach den Fakten.

Denn Peiner und Ex-Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) hatten laut Aktenlage am 12. Juni vereinbart, von dem damals bereits 28 Millionen Euro großen Kita-Loch nur 19 Millionen Euro auszugleichen. Den Rest sollte Lange durch „Steuerungsmaßnahmen“ decken. An neue Gutscheine war da nicht zu denken.

Am 20. Juni beschloss besagte „Anfragekommission“, für die Böwer-Anfrage die „Antwort komplett neu“ zu fassen. Die konkreten Antworten entfielen, stattdessen wurde die Pressemitteilung der BBS vom selben Tag übernommen, wonach die 3.900 Anträge der wartenden Eltern bis zum 1. August „voraussichtlich positiv“ beschieden würden.

Diese Täuschung schien auch der Haushaltsabteilung der BBS zu missfallen. In einer Mail kritisiert sie, die Antwort könne „nicht nachvollzogen werden“. Sie deute „Bewilligungsmöglichkeiten“ an, für die es „keinen Finanzierungsspielraum gibt“.

Als eine Woche später die GAL-Politikerin Christa Goetsch eine neue Anfrage stellte, wurde sie auf die gefakte Böwer-Anwort verwiesen. Der Senat, kommentiert Goetsch nun, habe sich auf dem Höhepunkt des Streits um die Einführung des Kita-Systems offenbar entschlossen, Eltern und Bürgerschaft „gezielt zu täuschen“. KAIJA KUTTER