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Archiv-Artikel

berliner szenen Läusemarkt

Teures Urmel

Die Sonne lacht schon hin und wieder, die Menschen strömen auf die Straße und am Wochenende auf den Flohmarkt. Ich auch, das Pflaster kann mir gar nicht hart genug sein, heute war ich mindestens fünf Minuten am Stück draußen, im Schatten, sonst zerfalle ich zu Staub. Vom Flohmarkt braucht man immer was, sei es ein kleines Polyestereulchen, in das man Erdnüsse füllen kann und das diese Nüsse beim Umkippen ausspeit.

Aber gerne wüsste ich, was diese verdammten Flohmarktratten sich eigentlich einbilden. Egal, welchen Flohmarkt man aufsucht, egal, was man sich anguckt, es hat einen unverschämten Preis. Letzte Woche wollte einer der Wohnungsauflösungs-altes-Geschirr-Kerle für ein olles Augsburger-Puppenkiste-Heftchen, wohlgemerkt kein echtes Max Kruse-Buch, sondern ein 30-Seiten-Bändchen mit einigen abfotografierten Szenen aus „Urmel“ („König Pumpernell jagt Urmel“) und dem Augsburger Kassengift „Die Schildbürger“ ganze vier Euro. Vier Euro! So viel hat das Buch 1977 aber lange nicht gekostet. Empört wandte ich mich an den Nachbarn mit den schrabbeligen Singles und fragte, nur so aus Jux, nach den Preisen für „Showaddywaddy“, „Les Paul and Mary Ford“ und „Papa Bue's Viking Jazz Band“. Zwei Euro! Pro Stück! Ich wette, dass der anatolisch aussehende Verkäufer Les Paul überhaupt nicht KENNT, von der zugehörigen Gitarre ganz zu schweigen, wie kommt er nur dazu, mir vier Mark dafür abluchsen zu wollen. Da wundert mich der Preis für die 60er-Jahre-Garderobe auf dem 17.-Juni-Flohmarkt auch nicht mehr: Ungefähr so viel, wie John Paul Getty II., Gott hab ihn selig, im vorletzten Jahr an gemeinnützige Vereine gespendet hat. Wahrhaftig. Wäre ich nicht so feige, ich würde das alles klauen. JENNI ZYLKA