piwik no script img

Archiv-Artikel

Springer droht mit Weltuntergang

Kauft Holtzbrinck die „Berliner Zeitung“, verschwänden „Welt“ und „Morgenpost“

Von FRA

BERLIN dpa/ taz ■ Bundeskartellamt und die zuständige Monopolkommission haben eine Übernahme der Berliner Zeitung durch den Holtzbrinck-Verlag (Tagesspiegel, Die Zeit, Handelsblatt) bereits abgelehnt, nur Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) kann mit seiner Erlaubnis das Geschäft noch absegnen – und der hat nun einen drolligen Drohbrief von Springer-Chef Mathias Döpfner bekommen: Im Falle einer Erlaubnis und der damit verbundenen teilweisen Fusion aus (dem defizitären) Tagesspiegel und (der profitablen) Berliner Zeitung müsse er, Döpfner, „zunächst die Morgenpost und letztlich auch die Welt von Markt nehmen“, wie der Spiegel vorab aus dem Schreiben an Clement zitiert.

Wie solche Fusionen in den Sand gesetzt werden können, hat Döpfner selbst mit der von ihm persönlich betriebenen Zusammenlegung von Welt und Morgenpost demonstriert: Aus Kostengründen hatte er im vergangenen Jahr die Redaktionen von Welt und Berliner Morgenpost geeint. Eine Ministererlaubnis würde diese „Stabilisierungsbemühungen endgültig zunichte machen“, so Döpfner. Aber die sind schon jetzt ziemlich zunichte: Die Welt fährt schon seit Jahrzehnten Verluste ein und musste zuletzt im ersten Quartal 2003 das größte Minus aller überregionalen Tageszeitungen verkraften, die Berliner Morgenpost sank erstmals unter die Schwelle von 150.000 verkauften Exemplaren.

Holtzbrinck indes hat seinerseits bereits angekündigt, den Tagesspiegel einzustellen, sollte die Ministererlaubnis ausbleiben. Blieben allerdings beide, Tagesspiegel wie Berliner Zeitung, dank Clement erhalten, bedeute dies das Aus für Welt und Berliner Morgenpost – was im Umkehrschluss nur heißen kann, dass der Axel-Springer-Verlag offenbar fest mit einer Flurbereinigung im Berliner Zeitungsmarkt gerechnet hat. Und Oberförster Clement möge nun dafür Sorge tragen, dass wenigstens der Tagesspiegel zum Abschuss freigegeben wird.

Döpfners bizarres Schreiben ist also nur als Signal an die Kritiker im eigenen Hause zu verstehen: Gehen Welt und Morgenpost ein, dann lag’s nicht an ihm – sondern am bösen Bundeswirtschaftsminister Clement. FRA