Zu Fuß gegen Rüstung und Reform

Bundesweit planen Ostermarschierer an diesem Wochenende rund hundert Veranstaltungen. Nach dem Ende des Irakkriegs entdeckt die Friedensbewegung die deutsche Innenpolitik. Globalisierungskritiker und Friedensaktivisten finden zueinander

von MATTHIAS BRAUN

Die Ostermarschierer in Frankfurt am Main haben sich für Arbeitsteilung entschieden. Am kommenden Montag heißt ihr prominentester Gastredner Oskar Lafontaine. Und der wird es sich nicht nehmen lassen, neben dem Irakkrieg auch rot-grüne Regierungspolitik globalisierungskritisch zu besprechen. Über das eigentlich beherrschende Thema der diesjährigen Ostermärsche – den Krieg – spricht danach Abdul Franghi, palästinensischer Vertreter in Deutschland.

Die Frankfurter Rednerliste macht es deutlich: Nach dem Ende des Irakkriegs meldet die Friedensbewegung innenpolitische Diskussionsbedarf jenseits der Überflugrechte an. „Wir stehen vor der Entscheidung zwischen einem sozial integrierenden oder einem militarisierten Politikstil“, macht der Sprecher des Frankfurter Ostermarschbüros, Willi van Ooyen, mobil. Deswegen gehörten jetzt Themen wie die Neuformulierung der „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ der Bundesrepublik auf die österliche Tagesordnung.

Gelegenheiten für einen solchen Protest gibt es an diesem Wochenende reichlich. Bundesweit sind über die Osterfeiertage rund 100 Veranstaltungen geplant. In den meisten größeren Städten werden Demonstrationen und Kundgebungen stattfinden. Bereits gestern veranstalteten 70 Aktivisten der „Ordensleute für den Frieden“ einen Gottesdienst vor dem amerikanischen Militärflugplatz bei Frankfurt. Dabei wurden drei Friedensaktivisten von der Polizei vorläufig festgenommen, als sie versuchten, auf das Rollfeld zu gelangen.

Die zeitliche Nähe der diesjährigen Ostermärsche zu den jüngsten Friedensdemonstrationen ist den Veranstaltern dabei Segen und Fluch zugleich. Viele befürchten angesicht des schnell beendeten Irakkriegs einen nachlassenden Enthusiasmus der potenziellen Demonstranten. Zumindest Willy van Ooyen rechnet aber mit mehr Ostermarschierern als im letzten Jahr. Denn das österliche Ritual der deutschen Friedensbewegung profitiert zugleich von der weltpolitischen Großwetterlage. „Die Friedensbewegung hatte nach dem Ende des Ost-West-Konflikts Mühe, sich neu zu orientieren“, sagte Hilmar Höhn vom Deutschen Gewerkschaftbund gestern der taz. Dies sei jetzt überstanden.

Mehr noch: Der Irakkonflikt bietet sich den Globalisierungskritikern und Friedensbewegten als ein gemeinsames Thema an. „Unser Ziel war es in den letzten Wochen, globalisierungskritische Gedanken in die Friedensbewegung zu tragen“, zog Attac-Sprecher Malte Kreutzfeldt gestern Bilanz. Ob das geglückt sei, lasse sich zwar noch nicht absehen. Aber es gelte, die in den letzten Wochen entstandenen Bündnisse zu erhalten.

Das rund fünfzig Jahre alte Osterritual der Friedensbewegung, das unter jüngeren Globalisierungskritikern ein eher angestaubtes Image genießt, wird damit zum ersten Testfall. Aus dem Tenor der Frankfurter Kundgebung am kommenden Montag, wird man eine erste Antwort herauslesen können.

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