piwik no script img

Archiv-Artikel

Ein kleines Bombennebengeschäft

War die Bombardierung der im Irak stationierten iranischen Oppositionsgruppe Volksmudschaheddin der Beitrag der USA zu einem Deal mit dem Iran?

Die Volksmudschaheddin erhielten von Iraks Regime Waffen, Rüstung und Geld

Ungeachtet der verbalen Attacken der USA gegen Iran hat es, laut Presseberichten, bereits im Vorfeld des Krieges zwischen Washington und Teheran gewisse geheime Vereinbarungen und Zusicherungen gegeben. Zwar verurteilte Iran den Krieg, sicherte jedoch zu, sich neutral zu verhalten und gefährdeten Piloten bei Notlandungen Schutz und Zuflucht zu gewähren.

Ferner wollte Iran seinen Einfluss sowohl bei den irakischen Schiiten als auch bei den im irakischen Kurdistan angesiedelten islamischen Gruppen geltend machen, um möglichen Konflikten innerhalb dieser Gruppen vorzubeugen. Die USA stimmten sogar einer geringen, indirekten militärischen Einmischung Irans im Norden Iraks zu.

Zwei Wochen vor Kriegsausbruch marschierten einige tausend Milizen der Badr-Brigade aus Iran in den Norden Iraks ein. Die Brigade, deren Mitglieder in Iran ausgebildet wurden, bildet den militärischen Arm des „Höchsten Rats der Islamischen Revolution Iraks“, deren Führer sich seit 1980 in Iran aufhalten. Kurz vor Beginn des Krieges schloss Iran seine Grenzen zum Irak und erklärte später sogar, es würde führende Mitglieder des Regimes in Bagdad festnehmen und vor Gericht stellen, falls sie nach Iran flüchteten.

Im Gegenzug sicherten die USA und Großbritannien Iran zu, die Souveränität der Islamischen Republik zu achten und die Kampfhandlungen unter keinen Umständen über ihre Grenzen auszuweiten. Diese Zusicherung scheint so verlässlich gewesen zu sein, dass Iran aus den US-Raketen, die in den ersten Kriegstagen in seinem Süden einschlugen, kein Aufhebens machte und das Bedauern Washingtons, die Raketen seien fehlgeleitet worden, ohne weiteres akzeptierte.

Nach den Vorfällen der letzten Tage zu urteilen, muss es ein weiteres Zugeständnis Iran gegenüber gegeben haben: die Zerschlagung der Organisation der Volksmudschaheddin. Diese Organisation, die als einzige Oppositionsgruppe bewaffnet gegen das Regime in Teheran kämpft, hatte sich bereits Mitte der Achtzigerjahre im Irak niedergelassen. Hier erhielt sie vom irakischen Regime Waffen, Rüstung und großzügige, finanzielle Unterstützung. Sie bildete eine kleine Armee, die gelegentlich Angriffe in den Grenzgebieten gegen Iran durchführte. Auch für einige Terroranschläge in Teheran und in anderen Städten Irans ist sie verantwortlich. Kurdische Organisationen im Irak behaupten, die Volksmudschaheddin hätten auch bei der Niederschlagung der Kurden durch die irakische Armee aktiv mitgewirkt.

Nach Angaben der Volksmudschaheddin wurden in den Tagen zwischen dem 12. und 16. April ihre Stützpunkte mehrfach bombardiert. Dabei seien dreißig Mitglieder getötet und rund fünfzig verletzt worden. Sie behaupten, die Angriffe seien von Iran aus erfolgt. Doch inzwischen hat Washington bekannt gegeben, dass die USA die Bombardierung angeordnet hätten. Wie das persischsprachige Programm von Radio Freies Europa berichtet, bestätigte der Oberkommandierende der US-Streitkräfte General Richard Myers bei einer Pressekonferenz die Bombardierung. Auf die Frage, ob der Angriff zur Besserung der Beziehungen zwischen Iran und USA führen würde, sagte der General: „Fragen Sie lieber Colin Powell.“

Ein Sprecher der britischen Botschaft in Teheran nannte die Militäraktion selbstverständlich. Bei den Volksmudschaheddin handele es sich nicht nur um eine terroristische Organisation, sagte er. „Wir betrachten sie als einen Teil der irakischen Armee, gegen die wir Krieg führen.“

Inzwischen hat auch Teheran offiziell zu den Angriffen Stellung genommen. Regierungssprecher Abdollah Ramezanzadeh sagte, die Führer der Volksmudschaheddin hätten sich aus dem Staub gemacht und ihre einfachen Mitglieder schutzlos den Angriffen ausgesetzt. Die Organisation habe bei den Bombardierungen hohe Verluste hinnehmen müssen. Iran sei bereit, alle Mitglieder der Organisation zu empfangen. Seine Regierung habe diesbezüglich zu allen Beteiligten Kontakt aufgenommen.

Der Regierungssprecher bezeichnete die Volksmudschaheddin als terroristische Organisation. Kein Land dürfe sie aufnehmen. Ihre Führer müssten sich vor iranischen Gerichten verantworten. Indes hat Ziai Far, der Leiter der offiziellen Kommission für Menschenrechte der Islamischen Republik, den iranischen Revolutionsführer Ali Chamenei um Begnadigung für einfache Mitglieder gebeten. Das könnte darauf hinweisen, dass Irans Führung die Organisation spalten will. BAHMAN NIRUMAND