Off-Kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Karlsson auf dem Dach“ 21. 2.–22. 2. im Nickelodeon

Der Fluch des Piratenfilms bestand seit dem Untergang des alten Hollywood-Studiosystems in dem Umstand, dass niemand das Genre mehr ernst nehmen mochte. Ganz anders Gore Verbinskis Korsarenabenteuer „Fluch der Karibik“: Fast scheint es, als hätte man hier alle für einen Piratenfilm benötigten Ingredienzien im Übermaß hinzugegeben. Es gibt wilde Degenduelle, Seeschlachten bis zum Untergang, Enterszenen, einsame Inseln, eine schöne Gouverneurstochter (Keira Knightley) mit einer Schwäche für das Piratenleben, „gute“ und „böse“ Piraten, die sich nicht allzu sehr voneinander unterscheiden, Kerkerverliese und den Gang über die Planke. Vor allem aber lacht man mit dem Film, weil das alles großen Spaß macht, und nicht etwa, weil hier ein Genre veralbert würde. Es geht um ein ganz und gar klassisches Piraten-Motiv: Captain Jack Sparrow (Johnny Depp) ist sein Schiff abhanden gekommen und mit ihm auch die damit verbundene Vorstellung von Unabhängigkeit. „Was die ‚Black Pearl‘ wirklich bedeutet, ist Freiheit“, weiß der Pirat seit langem und setzt alles daran, seinen Segler vom bösen Gegenspieler Captain Barbossa (Geoffrey Rush) zurückzuerlangen. Für die Rolle des Captain Sparrow ließ sich Johnny Depp von verschiedensten Piratencharakteren der Filmgeschichte (und von Keith Richards) inspirieren und schuf doch eine ganz eigene Figur: Sparrow hat das wilde Aussehen eines Blackbeard, ist tolldreist ohne Rücksicht auf Verluste, besitzt dabei eine gewisse affektierte Grazie und fuchtelt zugleich die meiste Zeit wie irr mit den Händen in der Luft herum. So weiß man nie genau, woran man mit ihm ist. Jedenfalls geht alles gut aus, wer würde auch daran zweifeln.

***

„L’âge d’or“ 19. 2., 21. 2.–25. 2. im Lichtblick

Fünfzig Jahre lang war Luis Buñuels Surrealismus-Klassiker „L’âge d’or“ in Frankreich verboten: zur „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung“ – nachdem Rechtsradikale bei der Erstaufführung im Jahr 1930 einen Tumult veranstaltet hatten. Wie immer attackiert Buñuel die bürgerliche Moral aufs Heftigste: Ein Vertreter des nationalen Wohltätigkeitskommitees verprügelt einen Blinden, zwischendurch verrotten Bischöfe am Strand, und der Schluss ist eine blasphemische Hommage an den Marquis de Sade und seine „120 Tage von Sodom“, in der der von einem auf Christus-Rollen spezialisierten Schauspieler dargestellte Duc de Blangis noch schnell die letzte Überlebende seiner wüsten Orgien ermordet, ehe er mit seinen Kumpanen das Schloss verlässt.

***

„Fluch der Karibik“ 20. 2.–21. 2. im Bundesplatz-Studio; 19. 2.–25. 2. im Cinema am Walther-Schreiber-Platz

Ebenfalls ziemlich antibourgeois gibt sich Astrid Lindgrens „Karlsson auf dem Dach“, den der kleine Lillebror eines Tages kennen lernt. Ein wirklicher Freund ist das dickliche Männchen mit dem Propeller auf dem Rücken allerdings nicht – eher schon ein egozentrischer Großkotz. Zweifellos konterkarierte der seltsame Anarchist vom Dach ursprünglich die Biederkeit der 50er-Jahre – in Olle Hellboms Verfilmung aus den liberalen 70ern wirkt Karlsson vor allem wie ein noch immer amüsantes Relikt aus einer anderen Zeit. LARS PENNING