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Archiv-Artikel

Spannungen in Nigerias Ölfeldern nach Wahl

Niger-Flussdelta im Aufruhr: Offizielle Ergebnisse geben Präsident Obasanjo und seiner Partei 90 Prozent

BERLIN taz ■ Die offiziellen Wahlergebnisse sind Chief Great Ogboru egal. Der Gouverneurskandidat der linksoppositionellen AD (Alliance for Democracy) in der Provinz Delta bekam laut Wahlkommission nur 97.108 Stimmen, gegen 1.038.697 für Amtsinhaber James Ibori von Nigerias Regierungspartei PDP (People’s Democratic Party). Das hindert Ogboru aber nicht daran, sich zum Sieger zu erklären. „Das authentische Ergebnis hat ohne jeden Zweifel bestätigt, dass ich einen überragenden Sieg errungen habe“, erklärte der Chief am Montag und rief die Bevölkerung auf, sich zu erheben und die Demokratie zu verteidigen.

Damit legte Ogboru die Lunte an Nigerias Pulverfass. Die Privinz Delta bildet den Westteil des Niger-Flussdeltas, wo Nigerias gigantische Ölfelder liegen, und ist seit Jahren Schauplatz bewaffneter Auseinandersetzungen zwischen dem Militär und bewaffneten Gruppen des örtlichen Mehrheitsvolkes der Ijaw.

Vor der Wahl waren die Kämpfe eskaliert. Nigerias Ölproduktion schrumpfte um über ein Drittel. Ijaw-Milizen in Deltas größter Stadt Warri verhinderten am 12. April die Parlamentswahl und besetzten auch am vergangenen Sonntag den privaten Rundfunksender Jeremi FM, wo sie einen Nachrichtensprecher mit vorgehaltener Waffe zwangen, Ogborus Sieg zu verkünden. Dann organisierten sie Siegesfeiern in den Straßen der Stadt, während zugleich der Staatsrundfunk den Sieg des amtierenden Gouverneurs meldete.

Die Stimmung im Nigerdelta ist jetzt extrem angespannt. Obasanjo und die PDP haben dort nach den offiziellen Zahlen über 90 Prozent der Stimmen bekommen, mehr als irgendwo sonst in Nigeria. Dabei ist die Unzufriedenheit mit der Regierung fast nirgendwo im Land so groß. Beobachter bestätigten massive Manipulationen bei Wahlablauf und Stimmenauszählung. In Ogborus eigenem Wahlkreis Ethiope East wurden nach AD-Angaben die Wahlurnen noch vor der Wahl von bewaffneten Elementen weggetragen. An mehreren Orten wurde berichtet, dass lokale PDP-Aktivisten dann in den Rathäusern die Stimmzettel ausfüllten. Das Ergebnis: 100 Prozent PDP-Stimmen bei 100 Prozent Wahlbeteiligung und 100 Prozent gültigen Stimmen, etwa im Ort Brass. Es gingen auch bei der Auszählung häufig Stimmzettel mit Kreuzen für die Opposition verloren.

Nigerias Oppositionsparteien wollten gestern in der Hauptstadt Abuja über ihr weiteres Vorgehen beraten. Sie können die Wahl vor Gericht anfechten, Massenproteste organisieren oder beides zusammen. Das gestern vorgelegte offizielle Endergebnis der Präsidentschaftswahl gibt Amtsinhaber Olusegun Obasanjo 61,3 Prozent. Sein wichtigster, von konservativen Kräften im muslimischen Norden gestützter Herausforderer Muhammadu Buhari hat 32,8 Prozent. An dritter Stelle steht der ehemalige Biafra-Sezessionsführer Chukwuemeka Ojukwu mit 3,2 Prozent. Alle anderen Kandidaten liegen bei unter 0,5 Prozent. DOMINIC JOHNSON