WAS MACHT EIGENTLICH ...der Stadtführer?
: Bären erklären

Der Verband Berliner Stadtführer ist ratlos: Da werden die Damen und Herren geschult, das Neueste vom Potsdamer Platz, dem Regierungsviertel oder den Partykneipen des Regierenden zu erzählen. Aber wirklich wissen will das kein Tourist. Gefragt ist Alt-Berlin, sind Hinterhöfe und Nostalgie. Balin orjinal. Es ist zum Verzweifeln, meint Stadterklärer-Chef Wolther von Kieseritzky, der gestern die Top-Ten-Touri-Fragen auflistete, an denen sich seine Zunft tagtäglich abarbeiten muss.

„Wo ist die Mauer?“, lautet die absolute Spitzenfrage, dicht gefolgt von „Sind wir im Westen oder im Osten?“ Oft beantwortet werden muss auch, wie der Bär ins Wappen kommt. Und immer noch interessieren sich viele brennend dafür, wo denn John F. Kennedy „Isch bien aain Börlinner“ gerufen hat.

Und doch: Es geht auch intimer, es wird gebaggert. Kein Wunder, denn unter Touristen fehlen Einsame, Alte und Kommunikative nicht. „Wie oft machen Sie das?“, ist ein beliebter Einsteiger. „Was machen Sie sonst so beruflich?“, wird gern nachgeschoben. Und mit dem Klassiker „Haben Sie heute Abend schon was vor?“ versuchen ganz Gewiefte die Führung ein wenig auszudehnen. Ob Letztere den Nachschlag rein informativ, quasi studienratmäßig nutzen wollen, an einer Molle mit dem Guide oder an Sex interessiert sind, überließ Kieseritzky der Fantasie. Egal. Wir sind Metropole und Moloch in einem. Und verruchte Geschichten erzählt jeder ganz gern. ROLA FOTO: ARCHIV