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Archiv-Artikel

Offener Beistand

Die angeschlagene „Frankfurter Rundschau“ benötigt weiterhin finanzielle Unterstützung. Vielleicht ist der Gewerkschaftsbund der richtige Investor?

VON STEFFEN GRIMBERGUND THILO KNOTT

Wer sich heutzutage in der Redaktion der Frankfurter Rundschau (FR) mit der Behauptung erwischen lässt, das Blatt sei doch nach wie vor eng mit den Gewerkschaften verbandelt, bekommt als Entgegnung zu hören, er lese die Zeitung wohl gar nicht. Das sei vielleicht mal so gewesen – aber heute?

Auf einer ganz anderen Ebene hat die Geschäftsführung der finanziell schwer angeschlagenen überregionalen Traditionszeitung aber keine solchen Berührungsängste: Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bestätigte gestern gegenüber der taz ein mögliches Engagement der Gewerkschafts-Holding BGAG bei der FR. „Die BGAG prüft ein finanzielles Investment“, sagte DGB-Sprecher Markus Franz. Die Aktion sorgt innerhalb des DGB aber offenbar nicht gerade für Freudenausbrüche. „Zeitungen müssen unabhängig sein“, so Franz. Deshalb lege der DGB „Wert darauf, sich medienpolitisch nicht zu engagieren“.

Von der FR nur so viel: „Wir führen Gespräche bezüglich möglicher Investoren, werden aber wie bisher keine Namen nennen“, sagte Geschäftsführer Hans-Peter Volz zur taz: „Alles andere wäre inkonsequent.“

Das Blatt (Auflage 182.000) war in der jüngsten Medienkrise tief in die roten Zahlen gerutscht, hatte über 250 Mitarbeiter entlassen und musste bereits eine Bürgschaft des Landes Hessens in Anspruch nehmen, um weitere Kredite zu erhalten.

„Die FR hat sich an uns gewandt – und an viele andere potenzielle Investoren und kapitalträchtige Unternehmen“, bestätigte gestern BGAG-Sprecher Udo Pehrina. Die Möglichkeit einer „Finanzhilfe“ werde derzeit geprüft, „mit völlig offenem Ende“. Vorgaben gebe es nicht, „wir machen das nicht mit großer Euphorie. Das wird sehr nüchtern gesehen“, so Pehrina. Zumal ein direktes Engagement bei einer Tageszeitung und die BGAG-eigenen Pläne zur Weiterentwicklung der Holding „nicht recht zusammen passen“ würden: „Eine Zeitung – das wäre etwas völlig anderes.“

Die BGAG mit Sitz in Frankfurt am Main hält knapp 40 Prozent an der BHW-Bankengruppe und 30 Prozent an der Allgemeinen Deutschen Direktbank. Ihre Immobilientochter BauBeCon vermietet unter anderem über 30.000 Wohnungen und Gewerbeobjekte in ganz Deutschland. Im Informationsbereich gehört der BUND-Verlag mit Schwerpunkt Gewerkschafts- und Betriebsratsliteratur und Zeitschriften zur BGAG.

Am Mittwoch war DGB-Chef Michael Sommer im FR-Verlagshaus in der Frankfurter Innenstadt. Auch das ist nun verkauft, an die MAB-Investorengruppe, die dort einen Konsumtempel errichten möchte. Um ein DGB-Engagement bei der Zeitung, sagt FR-Betriebsratschef Viktor Kalla, sei es dabei aber gar nicht gegangen, eher um „freundlichen Beistand“. Und weil Sommer einen Frankfurt-Tag hatte und auch bei der FAZ war, gab es gleich noch ein paar Gerüchte mehr: Bild hatte gemeldet, dass auch die FAZ Interesse an der Übernahme der FR geäußert hätte. „Das ist Quatsch. Die FR braucht einen Investor, aber das wird nicht die FAZ sein“, hieß es bei der „Zeitung für Deutschland“ (FAZ-Untertitel). Verhandelt wird offenbar aber über eine Zusammenarbeit im Verlagsbereich, z. B. beim Vertrieb. Derzeit leisten sich zum Beispiel beide Blätter noch einen getrennten, kostspieligen Zustelldienst in der Mainmetropole.