: Back to Old New York
Nach sieben Jahren Bedenkzeit hat die Kölner Fundus-Gruppe einen Bauantrag für das Tacheles-Gelände eingereicht. Wann das neotraditionalistische Stück Stadt nach den Entwürfen von Andres Duany gebaut wird, steht allerdings noch in den Sternen
von UWE RADA
Tacheles? Da war doch was! Nicht nur das Kunsthaus, um das es in den letzten Jahren etwas still geworden war, sondern auch ein Bauvorhaben. Johannishöfe nannte sich das und sollte eine der letzten großen städtebaulichen Lücken an der Friedrichstraße schließen. Das war 1996.
Nun, sieben Jahre später, hat die Eigentümerin, die Kölner Fundus-Gruppe, einen Bauantrag für das Areal zwischen Friedrich-, Oranienburger- und Johannisstraße eingereicht. Vier Blöcke mit insgesamt 24.500 Quadratmetern Wohn- und 34.500 Quadratmetern Bürofläche sollen im „Quartier am Tacheles“, wie es jetzt heißt, entstehen, dazu noch 17.000 Quadratmeter für Einzelhandel sowie ein Luxushotel. Geplante Investitionssumme: 400 Millionen Euro.
Mit der siebenjährigen Pause hat Fundus-Boss Anno August Jagdfeld, der in Berlin sowohl das Adlon als auch das Quartier 206 in der Friedrichstraße bauen ließ, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Wäre der städtebauliche Masterplan des amerikanischen Architekten Andres Duany bereits damals eingereicht worden, hätte er wohl eine Debatte entfacht, deren Ausgang ungewiss gewesen wäre. Zu historistisch, zu protzig und auch zu abgrenzend kommt der Entwurf im konservativen Geist des „New Urbanism“ daher. Eine Provokation nicht nur für Liebhaber moderner Architektur, sondern auch für das benachbarte Kunsthaus.
Neben der 1989 besetzten Ruine, in der einst der Aufbruch ins Offene gewagt wurde, landet man nun in der New Yorker Ästhetik des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, ein Zitat des Flatiron-Buildings inbegriffen. Man könnte sogar sagen: Was der politische Neokonservativismus von George W. Bush in Berlin nicht vermocht hat, soll nun sein ästhetisches Pendant richten. Ganz in diesem Sinne jedenfalls sprach Duany, als ein Vorentwurf seines Masterplans vor zwei Jahren bekannt wurde. Der Neotraditionalismus seines Projektes, sagte der Architekt damals in einer Art Vorwärtsverteidigung, sei ganz und gar demokratisch, denn er komme gut auf dem Markt an. Man solle sich nur dem mutigen Projekt öffnen und abwarten, bis es fertig sei. Das Ergebnis werde wunderbar sein.
Dieser Meinung ist das zuständige Bezirksamt in Mitte zwar nicht, doch allzu viel Gründe, das Projekt abzulehnen, gab es auch nicht. „Das Schlimmste, was man jemals genehmigen musste“, heißt es dort hinter vorgehaltener Hand. Mit der Betonung wohl auf „musste“. Es ist einfach nicht mehr die Zeit der großen Architekturkontroversen.
Die zweite Fliege, die Fundus-Chef Anno August Jagdfeld schlug, war die Baisse auf dem Berliner Immobilienmarkt. Anders als viele seiner Kollegen des Nachwendebubble, die inzwischen pleite oder im Knast sind, hat er aus der Krise gelernt – die seine Frau ganz nebenbei wegen mangelnder Nachfrage im Quartier 207 zur Betreiberin eines Department Store werden ließ. Jagdfeld wartete ab, und er tut es noch immer. Trotz der Baugenehmigung, die der Bezirk voraussichtlich im Mai erteilen wird, steht der Baubeginn nämlich in den Sternen. „Wir fangen mit dem gesamten Vorhaben erst an, wenn die Hälfte aller Flächen vermarktet ist“, sagt Projektleiter Karl-Heinz Maschmeier. Auch wenn es dann noch mal sieben Jahre dauert: Das Ergebnis soll ja wunderbar sein.