: Feiner Unterschied
Frauen und Männer leiten anders – das ist auch gut so. Die Leitungssupervision könnte diese Vielfalt kultivieren
Keine Frage – es gibt noch Menschen, die behaupten, dass es um die Sache geht, um die Effektivität, nach dem Motto: wer Fachkompetenz hat, kann leiten, egal ob Mann oder Frau. Mittlerweile ist es aber in der öffentlichen Diskussion immer deutlicher: Frauen und Männer leiten anders.
Leiten hat mit der Persönlichkeit zu tun, mit dem Verhältnis zu Autorität, mit Kommunikation, Konkurrenz und Kooperation. Leiten heißt, Konflikte gestalten, Spannungen aushalten, Entscheidungen treffen, heißt Veränderungen steuern, Innovationen, auch Visionen entwickeln und davon zu überzeugen. Und es heißt Einsamkeit aushalten.
Alle diese Kompetenzen kann wahrscheinlich weder eine Chefin noch ein Chef auf sich vereinigen, doch wer hat welche? Männer haben es schwerer, Emotionen als Sachverhalt mit einzubeziehen und wertzuschätzen – sowohl in eigener Sache als auch in der Mitarbeiterführung: es „menschelt“ ihnen zu sehr. Frauen dagegen haben es schwerer, auch beziehungsunabhängiger zu denken. Im Zweifelsfall sind es die Menschen, die Gefühle, die im Vordergrund stehen, weniger die primäre Aufgabe oder die Ressourcen.
Frauen haben es schwerer, offen zu konkurrieren, die Felder zu besetzen, trennende Dinge zu forcieren. Männer dagegen tun sich schwer, Kooperationen zu pflegen und herzustellen, Kooperationen als Akzeptanz der eigenen Begrenzung und der notwendigen Ergänzung durch andere Kompetenzen zu verstehen. Leitende Frauen bilden Gruppen unter Gleichen, Teams. Sie haben es schwerer, sich zu unterscheiden, sich zu profilieren. Männer dagegen müssen sich eher profilieren und konkurrieren, sich unterscheidbar machen.
Frauen definieren sich gerne als die Unschuldigen. Sie sind in ihrer Wahrnehmung oft die Kommunikativeren, sie delegieren auch gerne mal die unangenehmen Entscheidungen an männliche Leitungskräfte. Männer dagegen sind die Hardliner, treten auf und grenzen ab – um der Sache willen natürlich. Sie delegieren die weichen Fakten, die Kränkbarkeiten und Verletztheiten eher an Frauen. Der Beschützer, die zu Beschützende, der einsame Held, die verbundenen, kommunikativen Frauen – Klischees zwar, die aber dennoch ein Stück Wahrheit abbilden.
Welche Art von Auftrag könnte da an das Feld Supervision formuliert werden? In der Supervision hat man die Möglichkeit, die eigene Führungspersönlichkeit zu reflektieren. Immer Bezug nehmend auf die Rolle und die damit verbundenen Aufgaben, könnte ein Fokus darauf liegen, die eigenen männlich und weiblich geprägten Verhaltensweisen zu reflektieren. Wichtig ist vor allen Dingen, die eigenen Bewertungsmuster kritisch unter die Lupe zu nehmen. Ziel kann dann sein herauszufinden, welche Kompetenzen in der Leitung jeweils fehlen und weiterentwickelt werden müssen, um kompetent führen zu können.
Seien wir doch mal ehrlich: Es ist doch nicht nur aufregend, spannend und lustvoll, in männlichen und weiblichen Monokulturen zu arbeiten und sich voneinander abzugrenzen! Leitungssupervision könnte auch einen Beitrag leisten, eine Kultur der Vielfalt zu entwickeln, in der Männer und Frauen sich an ihrer Unterschiedlichkeit freuen, sich wertschätzen und voneinander profitieren! Dette Alfert, Supervisorin (DGSv), Kooperation Plus, ☎ 40 13 40 63, info@kooperation-plus.de