: „Stofffetzen statt Personaldecke“
Kein Ossi, keine Frau und kein PDSler: Flierls designierter Staatssekretär für Wissenschaft ist ein 53-jähriger SPD-Mann und Ex-Hochschulchef aus Hamburg
Als der Name des designierten Staatssekretärs für Wissenschaft durchgesickert ist, versucht man in der PDS, die Auswahl zurechtzurücken. Wieder ist es weder ein PDSler noch ein Ossi noch eine Frau. Die Entscheidung falle nach Qualifikation, nicht nach Parteibuch, heißt es. „Oberstes Kriterium war, einen Fachmann für die Umstrukturierung der Hochschulen zu finden“, sagt PDS-Chef Stefan Liebich. So soll es völlig in Ordnung gehen, dass der Historiker und Ex-Fachhochschulchef Hans-Gerhard Husung (53), Hamburger und SPD-Mitglied, im März den seit fast acht Monaten vakanten Posten übernimmt.
Letztlich sei die Personaldecke der PDS durch ihre Geschichte dünn, sagt Liebich. „Wir können nicht wie andere Parteien aus einem Fundus eigener abgelegter Staatssekretäre fischen.“ Mit Husung gibt es unter den 6 Staatssekretären in den drei PDS-geführten Verwaltungen 2 SPDler, aber nur 1 PDS-Mitglied, dazu 3 Parteilose. Von einer Personaldecke könne doch gar nicht mehr die Rede sein, höhnt die grüne Wissenschaftsexepertin Lisa Paus, „das ist doch nur noch ein Stofffetzen.“ Und auch in der FDP grinst man über die Personalprobleme.
„Die Grünen sollten da mal ganz ruhig sein“, kontert der wissenschaftspolitische Sprecher der PDS-Fraktion, Benjamin Hoff, „ wer hatte denn bei Rot-Grün auf seinen 3 Senatorenposten 2 Parteilose? Hoff, dem selbst Regierungsambitionen nachgesagt wurden, kam auch aus Altersgründen nicht in Frage – in Berlin müssen Staatssekretäre mindestens 32 sein. Er schied aber schon deshalb aus, weil er das Studienkontenmodell von Wissenschafts- und Kultursenator Thomas Flierl ablehnt.
Der neue Mann selbst tritt angesichts der PDS-Personalmisere fast in den Hintergrund. Husung war bis Mitte 2003 drei Jahre lang Präsident der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW), der mit rund 12.000 Studierenden zweitgrößten Hamburger Hochschule.
Die HAW verließ er im Streit, trat nach einer Abstimmungsniederlage als Präsident zurück. Bereits zuvor hatte ein Abwahlantrag eine deutliche, aber nicht die erforderliche Dreiviertelmehrheit erhalten. Husung-Gegner sprachen von einem „gestörten Vertrauensverhältnis“.
Zuletzt arbeitete Husung in der Strategieplanung der Hamburger Wissenschaftsverwaltung. Vor seiner Zeit als HAW-Präsident war er unter anderem beim Wissenschaftsrat in Köln tätig und persönlicher Referent des Chefs der Max-Planck-Gesellschaft. Fachlich gibt es zu Husung aus der Opposition durchaus Positives. „Ich denke, Husung ist ein reputierter Mann, mit dem man durchaus zusammen arbeiten kann“, sagt der wissenschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Erik Schmidt.
In einem sind sich CDU, FDP und Grüne einig: Längst sei es überfällig gewesen, den Posten wieder zu besetzen. Vor allem, weil Senator Flierl mehr Interesse an der Kultur als an der Wissenschaft habe. In die staatssekretärslose Zeit fielen Unistreiks und Massendemos gegen gekürzte Zuschüsse. Husungs parteiloser Vorgänger Peer Pasternack trat im Juli aus Protest gegen Sparkurs und Flierls Studienkonten zurück. Der im September als Nachfolger vorgestellte Hamburger Mediziner Michael Krausz, ebenfalls parteilos, kam wegen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen nicht ins Amt.
STEFAN ALBERTI