: Die reiche Heldin von Südafrikas Armen
Winnie Madikizela-Mandela, Führerin der ANC-Frauenliga in Südafrika, ist nun eine rechtskräftig verurteilte Betrügerin
Mit dem gestern erfolgten Schuldspruch in einem spektakulären Gerichtsverfahren gegen Winnie-Madikizela Mandela stellt sich die Frage: Was wird aus der politischen Karriere der einstigen Ehefrau von Nelson Mandela? Die umstrittenste Politikerin Südafrikas glänzte im Parlament zuletzt eher durch Abwesenheit, doch nahm kein Blatt vor den Mund, wenn es um Kritik an der eigenen ANC-Regierung ging. Besorgt mahnte sie gegen Südafrikas Milliarden-Waffengeschäfte und wagte sich letztes Jahr mutig vor, Präsident Thabo Mbeki in einem Brief an seinen Vize Jacob Zuma als Schürzenjäger zu verunglimpfen.
Viele Menschen unter der armen schwarzen Mehrheitsbevölkerung Südafrikas verehren Winnie als „Mutter der Nation“. Wann immer ein Termin im noch so kleinen Township anstand – Winnie, umringt von bulligen Leibwächtern, nutzte ihren Auftritt immer geschickt, um den Menschen zum Beispiel Hilfe bei der Bekämpfung von Armut und Aids zu signalisieren. Auch die Liste ihrer Skandale und ihr demonstrativ vorgeführter üppiger Lebensstil ließen bei den Unterprivilegierten die Unterstützung für die Heroin des Anti-Apartheid-Kampfes nie schwinden.
Dem ANC ist die charismatische, übermächtige, aber imageschädigende Winnie längst ein Dorn im Auge. Die gestrige Verurteilung wegen 43fachen Betrugs und 25fachen Diebstahls könnte ein willkommener Grund sein, sie endlich aus dem Parlament zu werfen. Doch bisher hat sie es immer wieder geschafft, aus Krisen emporzusteigen. Ein Gerichtsurteil ist nicht so leicht zu ignorieren. Doch die 65-Jährige hat schon Schlimmeres hinter sich.
Auf der Höhe des Befreiungskampfes erlitt Winnie Mandela die Folter des Apartheid-Regimes, wurde mehrmals verhaftet und in Verbannung geschickt. 1958 hatte sie Nelson Mandela geheiratet, doch mit seiner lebenslangen Inhaftierung 1964 auf Robben Island begannen auch für sie schwierige Jahre, in denen sie die Studentenrevolte in Soweto anführte und zum internationalen Symbol für den südafrikanischen Widerstand wurde – während zugleich in ihrem engsten Umfeld finstere Dinge geschahen. Nach Ende der Apartheid musste sie sich wegen Entführung und Misshandlung verantworten, obwohl die schwerste Anklage, einen Mord an dem 14-jährigen ANC-Aktivisten Stompei Seipei in Auftrag gegeben zu haben, fallen gelassen wurde. Bei Anhörungen der Wahrheitskommission wies sie alle Schuld von sich – und kam ohne größeren Schaden davon.
Nach Südafrikas ersten freien Wahlen 1994 wurde sie Kultur- und Wissenschaftsministerin, verlor den Posten aber rasch wegen einer nicht genehmigten Reise. Auch die Ehe war in den Jahren nach Nelson Mandelas Freilassung 1990 auseinander gegangen, und 1996 erfolgte die Scheidung auf Nelson Mandelas Antrag wegen Ehebruch.
Erst jetzt glitt die schillerndste Frauenfigur in Südafrika zu weit ab – mit einem schäbigen Betrug an einer Bank. Das Gericht befand, sie habe Bedürftige dazu gebracht, sich als Angestellte der ANC-Frauenliga auszugeben und leere Kreditanträge zu unterschreiben, die sie dann später für sich selbst benutzte. Sie wies brüsk auch dieses Mal jegliche Schuld zurück. Und es gibt auch jetzt noch diejenigen, die sie als Anwältin der Armen verteidigen.
MARTINA SCHWIKOWSKI