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Archiv-Artikel

Der Zweidrittelpolizist kommt

Berlin kann sich keine neuen verbeamteten Polizisten leisten. Körting plant Teilzeitjobs

Von ALE

„Verfassungsrechtlich bedenklich“ nennt der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Eberhard Schönberg, die Pläne, Polizisten als Zweidrittelangestellte zu beschäftigen. Denn erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik würden die Absolventen der Polizeischule nicht verbeamtet. „Die für Polizisten geltenden Rechte, wie der Schusswaffengebrauch, sind jedoch ausschließlich für Beamte ausgelegt“, sagte Schönberg. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hatte am Freitag angekündigt, junge Polizisten nach ihrer Ausbildung vorerst nur als Angestellte und auf Zweidrittelstellen zu übernehmen.

Um die Polizisten richtig einsetzen zu können, müssten Gesetze wie jenes zur Anwendung von unmittelbarem Zwang geändert werden. Auch Festnahmen dürften die Polizeiangestellten nicht selbst anordnen. Laut Grundgesetz dürfen nur Personen mit Beamtenatatus solche Anweisungen geben. „Die Zweidrittelpolizisten dürften das wohl nicht“, sagt der Vorsitzende des Personalrats, Uwe Hundt.

Die Gewerkschaft befürchtet zudem „Dritte-Welt-Standards“. „Es ist ein offenes Geheimnis, dass in Ländern, wo öffentliche Bedienstete schlecht bezahlt werden, Korruption herrscht“, sagte Schönberg. Nach GdP-Berechnungen würden die Teilzeitpolizisten durchschnittlich 900 Euro netto verdienen.

Körting sagte, er habe dieses Angebot vorgelegt, damit alle Polizeischüler, die ihre Ausbildung beenden, übernommen werden könnten. In diesem Jahr legen rund 900 Polizeilehrlinge ihr Examen ab, die ersten sind am 1. März fertig. Für sie gibt es in Berlin aber nur 300 Beamtenstellen, etwa 150 bietet Hamburg an. Um möglichst viele Absolventen unterzubringen, stimmte der Personalrat zu, die Berliner Beamtenstellen als 500 Angestelltenplätze auszuschreiben. „Politisch ist das zwar ein Skandal, aber wir hatten die Wahl zwischen Pech und Schwefel“, sagt Hundt.

Den Absolventen bleibt wohl kaum eine andere Wahl, als sich auf diese Stellen zu bewerben. Denn ihr Job ist kein anerkannter Ausbildungsberuf. Erwerbslosen Polizeiabsolventen steht deshalb kein Arbeitslosengeld zu. Innensenator Körting hat versprochen, die Zweidrittelstellen bis 2008 in Beamtenstellen umzuwandeln. Gewerkschaft und Personalrat werten dies als bloße Absichtserklärung. ALE