: Erster Mai beginnt bereits im April
Im Mauerpark in Prenzlauer Berg löschen Polizeibeamte ein Lagerfeuer und vertreiben 200 Jugendliche. Vor den eigentlichen Maidemonstrationen wird die Atmosphäre gereizter. Grüne werfen CDU vor, die Stimmung anzuheizen
War das etwa ein erster Vorgeschmack auf den 1. Mai? Im Mauerpark in Prenzlauer Berg kam es in der Nacht zu Freitag zu Auseinandersetzungen, als Polizisten versuchten, eine Ansammlung von rund 200 Personen aufzulösen, die sich um ein illegal gelegtes Lagerfeuer versammelt hatten. Die Einsatzkräfte wurden daraufhin mit Flaschen beworfen. Aber auch die Polizisten waren nicht zimperlich. Sie setzten Pfefferspray ein. Ein Mann wurde festgenommen, zwei Polizisten sind nach eigenen Angaben leicht verletzt worden.
Dass dies im Zusammenhang mit den Revolutionären 1.-Mai-Demonstrationen in fünf Tagen steht, ist eher unwahrscheinlich. Trotzdem werden die Töne gerade zwischen den Organisatoren der 18-Uhr-Demonstration und der Berliner Polizeiführung immer schärfer. Die linksradikale Gruppe Kritik & Praxis (K&P), eine Abspaltung der ehemaligen Antifaschistischen Aktion Berlin (AAB), kündigte gestern in einem offenen Brief an den Polizeipräsidenten und an Innensenator Ehrhart Körting an, gewalttätige Übergriffe der Polizei dokumentieren zu wollen, um sie nach dem 1. Mai zu veröffentlichen.
Zuvor hatte die Polizei nach Angaben der Organisatoren mit einem Verbot der Demonstration vom Rosa-Luxemburg-Platz durch den Bezirk Mitte gedroht. Eine neue Route ist zumindest noch nicht zustande gekommen.
Laut Agenturberichten wollen die Veranstalter dieser Abenddemonstration auch nicht mehr ausschließen, dass es doch zu Krawallen kommen könnte. Etwas gemäßigter in ihrer Wortwahl zeigten sich die Veranstalter der Kreuzberger Revolutionären 1.-Mai-Demonstration, die um 15 Uhr losgehen soll. „Wir sind Veranstalter einer Demonstration und keine Veranstalter von Krawallen“, sagte Michael Kronewetter, Sprecher der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB). Die Krawalle hätten in den letzten Jahren immer erst nach den Demonstrationen begonnen. Er forderte den Senat erneut auf, die angekündigte Kennzeichnungspflicht für Polizisten einzuführen. Eine andere Sprecherin des Bündnisses fügte jedoch hinzu: „Wenn es Überfälle der Polizei gibt, werden wir uns wehren.“
Zugleich distanzierten sich die Veranstalter von Drohungen einer an der 15-Uhr-Demonstration beteiligten Gruppe, den Israel-solidarischen Block der 18-Uhr-Demonstration zu blockieren. Allein für die 15-Uhr-Demo rechnen die Veranstalter mit über 15.000 Teilnehmern. Innensenator Körting hat entsprechend vorgesorgt. 8.000 Polizisten will er an diesem Tag aus dem Bundesgebiet zusammenziehen. An der Deeskalationsstrategie der Polizei will er festhalten.
Die Grünen im Abgeordnetenhaus kritisierten derweil Äußerungen der CDU, am 1. Mai solle mit harter Hand gegen die Demonstranten vorgegangen werden. „Die CDU versucht, mit Horrorszenarien die Stimmung anzuheizen, statt sich konstruktiv über Möglichkeiten zur Abkehr von den alljährlichen Ritualen zu beteiligen“, sagte Volker Ratzmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen. Er lobte Körtings Deeskalationsstrategie und gab sich zuversichtlich, dass gewalttätige Ausschreitungen diesmal weiter zurückgedrängt würden.
Der Betriebsrat der Berliner S-Bahn hat die Entscheidung des Senats begrüßt, für die ebenfalls am 1. Mai geplante Demonstration der NPD keine Sonderzüge bereitzustellen. Die Berliner S-Bahner hatten sich wiederholt gegen einen besonderen Umgang mit links- oder rechtsextremistischen Demonstranten ausgesprochen. Die geplante Route der NPD in Charlottenburg ist nach wie vor nicht genehmigt.
FELIX LEE