OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Der gebürtige Belgier Jacques Feyder (1885–1948) gehört zu den nahezu vergessenen Regisseuren der Filmgeschichte – selbst seinen einstigen Welterfolg „La kermesse héroique – Die klugen Frauen“ (1935) kennt heute kaum noch jemand. Dass es mit Feyder jedoch einen wahren Meister seines Metiers wiederzuentdecken gäbe, zeigt sein 1925 uraufgeführter Film „Visages d’enfants“, ein ungemein berührendes Drama aus den Schweizer Bergen: Da steigert sich der zehnjährige Jean (Jean Forest) derart in die Trauer um seine leibliche Mutter hinein, dass er im Hass auf Stiefmutter und -schwester, die ihm überhaupt nichts getan haben, sondern im Gegenteil seine Freundschaft suchen, beinahe eine Katastrophe auslöst. Neben Feyders Sensibilität in der Führung seiner kindlichen Darsteller und der enormen fotografischen Qualität des Films (Kamera: Léonce-Henri Burel) besticht vor allem der geschickte Einsatz von Parallelmontagen: besonders dramatisch in jener Szene, in der die von Jean in die nächtliche Kälte hinausgeschickte Stiefschwester Arlette von einer Lawine verschüttet wird, während sich Jean daheim im warmen Bett mit Gewissensbissen quält…

Immer wieder gern gesehen ist die absurde und leicht hysterische Farce „Radio no jikan“ (Welcome Back, Mr. McDonald) des japanischen Regisseurs Koki Mitani. Die Handlung kreist um die Aufführung eines kitschigen Liebesdramas als Live-Hörspiel im Radio, bei der eine der Schauspielerinnen darauf besteht, ihren Rollennamen in Mary-Jane zu ändern. Doch nun gibt es überhaupt kein Halten mehr: Alle anderen Sprecher verlangen ebenfalls Änderungen, und das nicht nur bei den Namen. In jeder Werbepause wird das Stück hektisch umgeschrieben, bis es schließlich von einem schottischen Piloten namens Donald McDonald handelt, der sich zunächst irgendwo im All verliert, aber zum Happyend doch noch zurückkehren darf. Einerseits veralbert Regisseur Mitani hier die Faszination der Japaner für die westliche Zivilisation, andererseits gibt der Film mit der Art, in der die arme Autorin behandelt wird, auch etwas von der japanischen Unternehmenskultur preis, welche die totale Aufopferung des Arbeitnehmers für seine Firma verlangt.

20 Jahre alt wird nun auch schon das Kino Sputnik Südstern, das sein Jubiläum unter anderem mit der „Raumpatrouille“ begeht, jener aufwändig produzierten deutschen Fernsehserie, in der die Menschheit ihre irdischen Differenzen bereits beigelegt hat, mit dem schnellen Raumkreuzer Orion jedoch in Gegenden des Weltalls vorstößt, in der noch ein paar böse Feinde lauern. Mitte der 1960er-Jahre ließ man sich die bei der Bavaria in München produzierten Abenteuer von Commander Cliff Allister McLane (Dietmar Schönherr) und seiner Besatzung noch etwas kosten. Vor allem das Design von Rolf Zehetbauer besitzt Stil und Fantasie in einem Ausmaß, das heute vermutlich für zehn Fernsehserien ausreichen würde. Ebenfalls Klasse: der „New Astronautic Sound“ vom Peter-Thomas-Sound-Orchester, zu dem sich die Raumfahrer im Starlight-Casino verrenken.

„Visages d’enfants“ 28. 11.–29. 11. im Arsenal 1; 29. 11. im Arsenal 2

„Radio no jikan – Welcome Back, Mr. McDonald“ (Om engl. U) 3. 12. im White Trash Fast Food

„Raumpatrouille – Die Folgen 1, 3 und 5“ 28. 11.–29. 11. im Sputnik Südstern