Pool

Georg M. Oswald: „Im Himmel“,Rowohlt Verlag, Hamburg 2003,185 Seiten, 16,90 Euro

Marcel ist zwanzig Jahre alt und muss zum dritten Mal die zwölfte Klasse wiederholen. In der Welt, in der er lebt, ist das überhaupt kein Problem. Sein „Paps“ hat viel zu viel zu tun, um ihm die Hölle heiß zu machen, und seine Mutter zeigt sich höchstens besorgt, wie ihr Sohn die bevorstehenden Sommerferien überstehen soll, so ganz ohne Urlaubspläne, gefangen im öden Villenviertel am Starnberger See.

Es ist das zunächst unspektakulär erscheinende Ende einer Jugend, das der 1963 geborene Münchener Autor und Anwalt Georg M. Oswald in seinem fünften Roman „Im Himmel“ beschreibt – denn schließlich geht es heute nicht mehr um die Konfrontation mit einer autoritären Herkunftsfamilie, sondern um die mit der Verhandlungsfamilie, nicht mehr um Bruch, sondern um luxuriöse Entscheidungsschwierigkeiten. Wären da nur nicht die Nachbarn.

Marcels Nachbarn scheinen auf den ersten Blick noch saturierter als er selbst. Weil nichts Besseres zu tun ist, liegen sie am Pool, kiffen und gehen tanzen. Alles scheint auf den ersten Blick in bester Ordnung. Weil Marcel aber einen Tick zu jung für die anderen ist, schlüpft er bald in die Rolle des stillen Beobachters und sieht seltsame Dinge: Tom, der immer dabei ist, hat sowohl mit der Tochter des Hauses Britta ein Verhältnis als auch mit ihrer Mutter. Und Britta, die angehende Künstlerin, ist ausgerechnet mit Gerry verlobt, dem langweiligen Sohn des reichsten Bauunternehmers der Stadt.

Wie in seinen vorangegangenen Büchern ist Georg M. Oswald immer dann am besten, wenn er in die Rolle seines stillen Beobachters schlüpft und einfach nur auf den Punkt beschreibt: Die Albernheit des Nachtlebens, die Wahrnehmungsverschiebungen des Amateurkiffers. Weniger lustig liest sich sein Buch, wenn er das Geschehen auf überflüssige Metaebenen hievt und Marcels Erfahrungen als die einer ganzen Generation klassifiziert (Mittelmäßigkeit, Leere usw.). Als Oswald dann auch noch den Roman mit einem großen Paukenschlag enden lässt, mit dem Selbstmord Gerrys nämlich, der den Erwartungen des Vaters nicht entsprechen kann, zeigt er sich endgültig als der Moralist, als der er bekannt ist. Abgesehen davon, dass er so durch die Hintertür den klassischen Bildungsroman wieder auferstehen lässt sowie Konflikte, die es nur noch selten gibt – er versucht auch, ein dekadentes Milieu zu entlarven, indem er ihm ein eher unwahrscheinliches Opfer andichtet. Das alles wirkt sehr anachronistisch.