: Baldige Hoffnung für französische Bienen
Nach heftigen Klagen über das große Sterben der Honigsammlerinnen lässt Frankreichs Landwirtschaftsminister das Insektizid „Regent TS“ vom Markt nehmen. Unabhängig davon ermittelt die Justiz gegen die Hersteller Bayer Crop Science und BASF Agro
AUS PARIS DOROTHEA HAHN
Den Bienen in Frankreich stehen bessere Zeiten bevor. Am Montagabend hat der französische Landwirtschaftsminister Hervé Gaymard das Insektizid „Regent TS“ und alle anderen auf dem Molekül Fipronil basierenden Produkte vom Markt gezogen. Die europäische Nahrungsmittelbehörde muss klären, ob sie gefährlich sind oder nicht.
Für die Imkerverbände, die eine „neue Generation“ von Insektengiften für das massive Bienensterben verantwortlich machen, ist die Entscheidung ein gewaltiger Fortschritt. Dennoch reagierten sie gestern verärgert: Gaymard hat den Verkauf des Giftes verboten, den Bauern aber ausdrücklich erlaubt, die vorhandenen Giftvorräte aufzubrauchen. „Der Minister trägt die komplette Verantwortung für die Folgen“, kommentierte ein Sprecher der französischen Honigimkervereinigung verärgert.
Parallel zu der politischen Entscheidung in Paris arbeitet auch die französische Justiz an einem Dossier der neuen Insektengifte. Dazu gehört neben „Regent TS“ auch das umstrittene „Gaucho“ der Firma Bayer. Nach zweijährigen Vorarbeiten eröffnete ein Untersuchungsrichter im südwestfranzösischen Saint-Gaudens am Montag ein Ermittlungsverfahren gegen Bayer Crop Science. Schon seit der vergangenen Woche lässt er gegen BASF Agro, den aktuellen Hersteller von „Regent TS“, ermitteln. Die Vorwürfe: „Verkauf von toxischen landwirtschaftlichen Produkten, die für die Gesundheit von Mensch und Tier gefährlich sind“, sowie: „Komplizität bei der Zerstörung fremden Gutes“. Der Landwirtschaftsminister erklärte ausdrücklich, seine Entscheidung sei „unabhängig“ von der gerichtlichen Arbeit.
Die neuen Insektizide werden nicht versprüht, sondern umgeben das Saatgut. Im Laufe des Wachstums verteilen sie sich auf die ganze Pflanze. Seit Jahren beobachten Imker einen massiven Bienenschwund. Allein in Frankreich ist die Zahl der Bienenstöcke von 1,5 Millionen im Jahr 1994 auf heute noch knapp 1 Million zurückgegangen, die Honigproduktion reduzierte sich von 33.000 Tonnen auf nur noch 25.000 Tonnen. Imkerverbände und Umweltschützer machen die neuen Insektizide dafür verantwortlich. Dasselbe belegen einzelne Studien. So untersuchte 2002 das pharmakologische Institut in Angers tote Bienen und kam zu dem Schluss, „Regent TS“ sei für ihre „akute Vergiftung“ verantwortlich. Stellenweise haben auch in der Landwirtschaft tätige Menschen Symptome beschrieben, die möglicherweise auf den Einsatz der Insektizide zurückzuführen sind.
Die französischen Regierungen schwanken zwischen den Klagen der Imker und dem Druck der Pharmakonzerne. In Berlin hingegen gibt es bislang gar keine eindeutige Reaktion auf die Hinweise aus Imker- und Wissenschaftlerkreisen. Insektizide, die auf dem Molekül Fipronil basieren, waren in Deutschland nie zugelassen. Aber „Gaucho“ ist im Umlauf. Dafür, dass es Bienensterben auslösen könnte, liegen dem Bundeslandwirtschaftsministerium auch Jahre nach dem Beginn der Imkerproteste noch „keine Beweise“ vor.