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Archiv-Artikel

„Solidarität üben“

Die Wilde Liga Kassel bietet den verschmähten Bayern Asyl in ihrer Liga an. Selbst für Schwarzgeld will sie sorgen

taz: Herr Vukman, haben Sie dem FC Bayern München schon zur 18. deutschen Meisterschaft gratuliert?

Josh Vukman: Nee, dazu hatte ich noch gar keine Zeit. Aber ich werde das natürlich nachholen.

Dafür aber haben Sie den Münchnern ein Anmeldeformular für die „Wilde Liga Kassel“ geschickt. Was hat es damit auf sich?

Die Wilde Liga setzt sich aus Hobby- und Alternativmannschaften zusammen, die sich im Sommer jeden Samstag zum Fußball treffen. Da wird zweimal 25 Minuten gespielt, mit fünf Spielern und einem Torwart. Das ist immer ein Riesenspaß, mit Bierchen und Party und so. Also das ist wirklich wie eine große Familie, mit lauter Leuten, die sich untereinander verstehen.

Und in dieser netten Familie wollen Sie den Bayern tatsächlich Asyl gewähren?

Natürlich. Bevor die Bayern, wie das der Franz angekündigt hat, nach Italien auswandern, sollen sie doch lieber zu uns nach Nordhessen kommen. Wir haben hier mit Hessen Kassel bisher nur viertklassigen Fußball, da wären die Bayern noch ein richtiges Highlight.

Woher speist sich diese Solidarität mit den Bayern? Die mag in Deutschland doch sonst keiner!

Das rührt daher, dass wir, ähnlich wie die Bayern mit der DFL, auch einen Rechtsstreit hatten mit dem Hessischen Fußballverband. Wir wissen also, was die Bayern in letzter Zeit durchmachen mussten – und deshalb wollen wir nationale Solidarität üben. Bei uns könnten die Bayern in aller Ruhe kicken, ganz ohne Streitereien.

Die Wilde Liga Kassel will unter anderem auch Integrationsarbeit für die Menschen leisten, die aufgrund ihres „Andersseins“ Probleme haben. Was ist an den Bayern so anders?

Die sind fernab jeglicher Realität, einfach zu gut – und zu abgehoben. Genau das isoliert sie in der Bundesliga so sehr. Bei uns würden die lernen, dass man Fußball auch mit Spaß spielen kann.

Wie stellen Sie sich die Integration der Bayern vor?

Die würden ganz normal bei uns mitmachen, dafür würden wir die Liga sogar von 8 auf vielleicht 10 Mannschaften aufstocken. Gespielt würde rund um Kassel.

Die italienische Liga hat bereits abgewunken. Die Bayern, wie von Beckenbauer ins Spiel gebracht, könnten nicht mal eben so mitspielen, sondern müssten sich sportlich qualifizieren. Wie wäre das in der Wilden Liga?

Da müssten sich die Bayern menschlich qualifizieren. Wir würden ihnen dabei aber helfen.

Wie das?

Wir würden sie einfach mal eine Saison auf Probe mitspielen lassen, dann werden wir sehen …

Die Herren Hoeneß, Rummenigge und Beckenbauer würden auch in der Wilden Liga ganz bestimmt Schlüsselrollen besetzen wollen. Welche Posten könnten Sie ihnen anbieten?

Die könnten vor dem Spiel den Platz abkreiden. Das ist eine sehr wichtige Aufgabe.

Und wie möchten Sie das mit dem Schwarzgeld regeln? Sie wissen doch, dass es den Bayern nur Spaß macht, wenn Sie die ein oder andere Million nebenher einsacken können. Woher wollen Sie das ganze Geld nehmen?

Oh je, darüber haben wir uns noch gar keine Gedanken gemacht. Aber auch das lässt sich bestimmt regeln. Da muss halt die heimische Wirtschaft einspringen.

Würden Sie den Bayern wenigstens die TV-Einzelvermarktung gestatten?

Auf keinen Fall. Genau davon wollen wir in der Wilden Liga ja wegkommen. Das soll einfach so unter uns sein, ganz ohne Fernsehen.

Und wie seht es mit Zerstreuungsmöglichkeiten für die Spieler aus: Gibt es rund um Kassel genügend In-Discos und blonde Barfrauen?

Auf jeden Fall, gerade bei uns in der Nordstadt können wir locker dafür sorgen, dass es den Bayern richtig gut geht.

Herr Vukman, haben Sie von den Bayern eigentlich schon Antwort erhalten?

Bisher noch nicht. Aber ich gehe davon aus, dass die auf jeden Fall noch kommt.

INTERVIEW: FRANK KETTERER