Schatten fällt auf Sarrazin

Tempodrom-Affäre: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Finanzsenator Sarrazin und Staatssekretär Strauch wegen Verdacht auf Untreue. Büros von Specker und Stiftung Neues Tempodrom durchsucht

VON DANIEL SCHULZ

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen zur Tempodrom-Affäre ausgeweitet. Aufgrund aktueller Ermittlungsergebnisse untersucht sie seit gestern Vorwürfe gegen Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) und Wirtschaftsstaatssekretär Volkmar Strauch wegen des Verdachtes der Untreue. Ermittelt wurde bisher bereits gegen Stadtentwicklungssenator und SPD-Landesvorsitzenden Peter Strieder.

Die drei Politiker sollen im Oktober 2002 im Aufsichtsrat der landeseigenen Investitionsbank für eine finanzielle Unterstützung der Stiftung „Neues Tempodrom“ gestimmt haben – ohne dafür die notwendige Zustimmung des Senats oder die Genehmigung des Abgeordnetenhauses. Danach wurden 1,7 Millionen Euro für das Kulturzelt gezahlt. Staatsanwaltschaftssprecher Frank Thiel widersprach Gerüchten, dass Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge einen persönlichen Konflikt mit dem Senat austrage. „Abgesehen davon, dass dies haltlose Unterstellungen sind, hatte Herr Karge wenig mit den gestrigen Vorgängen zu tun“, so Thiel.

Auch gegen den Exbauunternehmer Roland Specker wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft durchsuchte gestern Büros der Specker Bauten AG und der Stiftung „Neues Tempodrom“ und nahm 70 Umzugskartons mit Unterlagen mit. Specker hatte die SPD-Wahlfeier 2001 mit 5.000 Euro finanziert.

Die Staatsanwaltschaft prüft auch, ob es ein Zusammenhang zwischen dem Partygeld und einem angeblich von Strieder forcierten Senatsbeschluss gibt, durch den „das Bauvorhaben Neues Tempodrom 13,5 Millionen Mark“ erhielt. Specker war damals im Vorstand der „Stiftung Neues Tempodrom“.

Die Opposition forderte Strieder auf, sein Amt niederzulegen. Sibyll Klotz, grüne Fraktionsvorsitzende, beschwor die „Halbgötterdämmerung“ für den Senator. CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer forderte ein Machtwort des Regierenden Bürgermeisters Wowereit (SPD): „Mit einem Senator, gegen den ermittelt wird, ist konzentrierte Arbeit nicht möglich“, so Zimmer.

Die CDU kenne wohl die Unschuldsvermutung nicht, schoss die SPD zurück. „Ein Armutszeugnis für den Juristen Zimmer“, stichelte der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Müller. Die Integrität Strieders sei nicht anzuzweifeln.

Doch auch der Koalitionspartner PDS sieht die SPD in der Pflicht: „Die Partei sollte sich erklären“, sagte Kathi Seefeld, Sprecherin des Partei- und Fraktionschefs Stefan Liebich. Die Untersuchung gegen den Staatssekretär von PDS-Wirtschaftssenator Harald Wolf werde man „gut beobachten.“ „Wir tun alles, um aufzuklären“, sagte Seefeld.