steffen grimberg : Noch ein Schicksalsschlag für die BBC
Falls ARD und ZDF im Streit um Gebühren, Grundversorgung und gemeine Politiker noch Luft haben, wäre ein Blick nach Großbritannien angeraten – und für die geschundenen Anstaltsherzen geradezu tröstlich: Auch die BBC hat es nicht leicht in diesen Tagen.
Intern leckt die BBC, Mutter aller Öffentlich-Rechtlichen, noch die Wunden aus der Kelly-Affäre und dem anschließenden Hutton-Report. Wer wird der neue Director General, wer der neue Chairman? Beide Spitzenpositionen wurden nach Hutton beräumt. Wie viel Vertrauen genießen noch die anstaltseigenen Aufseher, das Board of Governors, die plötzlich umfielen und den Kotau vor der Blair-Regierung probten? Dass einer der BBC-Hauptsitze in London, New Broadcasting House gegenüber dem feudalen Langham-Hotel, vollständig eingerüstet herumsteht, hat da beinahe schon symbolische Bedeutung.
Doch – und hier liegen die Parallelen zur Entwicklung in Deutschland – noch größerer Ärger droht von außen. Alle paar Jahre muss die Grundlage der BBC, die Royal Charter, erneuert werden – vom Parlament. Dessen Abgeordnete interessieren sich – auch das ist in Deutschland nicht anders – nicht sehr für Medienpolitik. Doch jetzt, wo es um die Frage der Gebührenanpassung, ja um die zukünftige Rolle der BBC an sich geht, wird jeder zum Experten. Am Dienstag hat David Elstein den Bericht der Broadcasting Policy Group für die Konservativen präsentiert, der so auch von Stoiber oder Steinbrück hätte stammen können: Schluss mit der Rundfunkgebühr alten Stiles, Schluss mit den neuen Digitalkanälen, die die BBC neben ihren zwei Hauptfernsehprogrammen betreibt. Und Schluss mit den nach Elsteins Meinung ausufernden Online-Aktivitäten.
Elstein ist übrigens kein typischer Medienpolitiker. Er kennt sich aus. Bei Rupert Murdochs Bezahlfernsehen BSkyB saß er im Top-Management und baute danach den Privatsender Chanel 5 auf. Nun sind in Großbritannien derzeit nicht die Konservativen an der Regierung, doch wie in Deutschland trägt die Medienpolitik großkoalitionäre Züge. Dass man die Ergebnisse des Hutton-Reports bei der Debatte um die Erneuerung der Royal Charter einbeziehen werde, hatte Tony Blairs New-Labour-Administration schon gleich am Tag nach Veröffentlichung wissen lassen.
Und die Serie der Schicksalsschläge reißt für die BBC nicht ab. Einen Tag nach den Elstein-Vorschlägen verlor die Anstalt die Übertragungsrechte für eines der englischsten Sportereignisse überhaupt: Das traditionsreiche Bootsrennen zwischen den Universitäten Cambridge und Oxford, seit BBC-Gründung 1926 ein fester Bestandteil des Programms, läuft künftig beim privaten Konkurrenten ITV.