Kongo steht am Rand eines neuen Krieges

Die früheren Kriegsparteien streiten immer heftiger. Im einstigen Rebellengebiet im Ostkongo auch mit der Waffe

BERLIN taz ■ In der Demokratischen Republik Kongo verschärft sich die Krise der Allparteienregierung, die das Land nach fünf Jahren Bürgerkrieg und Teilung zurück zum Frieden führen soll. Die größte einstige Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie) drohte am Dienstagabend mit der Suspendierung ihrer Mitarbeit, sollte die Verhaftung eines ihrer Militärs im Ostkongo und seine Verschleppung in die Hauptstadt Kinshasa nicht rückgängig gemacht werden. Gestern setzte sie sich mit ihrer Forderung durch, aber der Zusammenhalt der Regierung hängt am seidenen Faden, da die zweitgrößte Rebellenbewegung MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung) ihre Mitarbeit in der Regierung bereits eingeschränkt hat. In der Allparteienregierung sitzen seit Juli 2003 Kongos frühere Rebellen gemeinsam mit dem früheren Regierungslager des Staatschefs Joseph Kabila.

Hintergrund des Konflikts ist der andauernde Machtkampf in einer der größten Städte des RCD-beherrschten Ostkongo. Bukavu, die 500.000 Einwohner zählende Hauptstadt der Provinz Süd-Kivu, wird seit Wochen von sporadischen Kämpfen zwischen rivalisierenden Militärs erschüttert. Die Soldaten des bisherigen RCD-Provinzgouverneurs Xavier Ciribanya erkennen den von Präsident Kabila ernannten neuen regionalen Militärkommandanten General Prosper Nabyolwa, einen ehemaligen Präsidialgardistenführer aus der Mobutu-Diktatur, nicht an.

Bereits Anfang Februar gab es bewaffnete Konfrontationen zwischen den beiden Lagern. Ciribanya wurde am 7. Februar seines Amtes enthoben. In der Nacht zum vergangenen Dienstag besetzten Ciribanya-treue Soldaten Nabyolwas Residenz, nachdem dieser den früheren RCD-Militärführer Joseph Kasongo verhaftet und nach Kinshasa überführt hatte.

Angesichts des dadurch drohenden kompletten Zusammenbruchs der Allparteienregierung gab das Kabila-Lager gestern früh wieder nach, und Kasongo wurde in einem UN-Flugzeug nach Bukavu zurückgebracht. Die dortigen Spannungen sind damit aber nicht entschärft – im Gegenteil: Die Kabila-treuen Einheiten sind nun in der Defensive gegenüber den meuternden Soldaten. Diese stehen unter RCD-Kommando.

Berichte aus Bukavu, wonach Ruanda mehrere hundert Soldaten zur Unterstützung der Meuterer in die Stadt geschickt habe, blieben gestern unbestätigt. Anderen Quellen zufolge handelt es sich bei der Verstärkung in Wahrheit um RCD-Einheiten aus der weiter südlich gelegenen Stadt Uvira. Ein erneuter ruandischer Einmarsch im Kongo würde das Ende des Friedensprozesses bedeuten. DOMINIC JOHNSON