Connex rollt und rollt und rollt

Deutsche Bahn könnte ein Drittel des Nahverkehrs in Schleswig-Holstein verlieren

HAMBURG taz ■ Auf der Bahnstrecke Hamburg–Westerland werden demnächst wohl Züge der privaten Nord-Ostsee-Bahn (NOB) rollen. Die für den Regionalverkehr verantwortliche Landesverkehrs-Servicegesellschaft (LVS) in Kiel will offenbar nach einer Ausschreibung der NOB den Zuschlag erteilen. Noch ist die Entscheidung nicht offiziell, aber sie hätte Symbolcharakter: Erstmals bundesweit würde eine lange Hauptverkehrsstrecke (240 Kilometer) nicht mehr von der Deutschen Bahn (DB) bedient.

Ein herber Verlust wäre dies für die Deutsche Bahn: Rund ein Drittel des Regionalverkehrs im Bundesland müsste der (Noch-) Monopolist an den Erzfeind Nummer eins abgeben. Die NOB ist nämlich Tochter des europaweit agierenden Privatbetreibers Connex. Und bei der DB lässt man sich allerhand einfallen, um Connex den Zugang zum Schienenverkehrsmarkt nicht gerade einfacher zu machen.

Seit November 2000 rollen blauweißgelbe NOB-Züge zwischen Kiel und Husum. Kundschaft und Land sind zufrieden: Die Fahrgastzahlen stiegen um mehr als 10 Prozent, 95 Prozent der Züge fahren ohne Verspätung. Kürzlich erhielt die NOB auch den Zuschlag für den grenzüberschreitenden Verkehr ins dänische Tondern.

Einzelne Züge will die NOB zwischen Sylt und Hamburg ins Rhein-Main-Gebiet sowie in den Raum Berlin/Dresden verlängern. Diese würden dann als preiswerte InterConnex[3]-Fernzüge verkehren. Das Angebot der NOB soll deutlich kostengünstiger sein als jenes der DB. Bislang zahlt das Land rund 7,50 Euro je Zugkilometer an die DB, 200 Millionen Euro an so genannten Regionalisierungsmitteln stehen dafür jährlich zur Verfügung.

Weder Connex noch die DB wollten die Meldungen bislang kommentieren. Insider sind gespannt, welche Schlachtpläne die Bahn ausheckt. Bahnchef Mehdorn ist zumindest nicht zimperlich, wenn es darum geht, Druck auf die Landesregierungen auszuüben. In Berlin hatte er kürzlich gedroht, die Konzernzentrale am Potsdamer Platz dichtzumachen, falls der Senat die Gelder für den S-Bahn-Verkehr wie angekündigt kürzen werde. MICHAEL SCHWAGER