: Schnüffeln gibt Ärger, kein Geld
Die Stadt Essen hat im letzten Jahr 92.000 Wohnungsgeber angeschrieben, die Mieter melden sollten, die keinen Zweitwohnsitz angemeldet haben. Zurück kamen vor allem Beschimpfungen
VON ELMAR KOK
38.000 Euro wollte die Stadt Essen im vergangenen Jahr investieren, um ihr Stadtsäckel aufzufüllen und erntete mit der Investition nur Drohungen und Beschimpfungen. An 92.000 Eigentümer wurden Briefe verschickt, die die Grundstückseigentümer dazu aufforderten, der Stadt eine Mitteiltung zukommen zu lassen, „sollte Ihnen bekannt sein, dass der oder die Inhaber (Mieter, Untermieter, etc.) ihrer Wohung(en) diese als Zweitwohnung nutzen“.
Was zurück kam, tat der Stadt nicht gut: „Unsere Mitarbeiter wurden teilweise übelst beschimpft“, sagt Rudolf Wagner vom Essener Steueramt. Den Kämmerern seien Nazi-Methoden vorgeworfen worden, sagt er. Die ganze Aktion hat die Stadt rund 38.000 Euro gekostet, finanziell gebracht hat es der Stadt Essen nichts. Trotzdem sei die Zweitwohnungssteuer mittlerweile ein wichtiges Instrument zur Finanzierung von Kommunen. Durch Einwohner, die wegen der Einführung der Zweitwohnungssteuer ihren ersten Wohnsitz bei der Stadt Essen anmeldeten, habe die Stadt im vergangenen Jahr 3,3 Millionen Euro an Schlüsselzuweisungen des Landes erhalten. Denn 4.200 Personen hätten nach Einführung der Zweitwohnungssteuer ihren ersten Wohnsitz in Essen angemeldet.
Die Stadt Dortmund, Vorreiter in Sachen Zweitwohnungssteuer, seitdem sie einen als Musterklage bezeichneten Prozeß gegen einen Studenten gewann, erlöst „pro Jahr 500.000 bis 600.000 Euro“, sagt Georg Bollmann von der Dortmunder Stadtkasse. Zudem meldeten gleich viel mehr Bewohner einen Erstwohnsitz statt eines Zweitwohnsitzes an, sagt Bollmann.
Auch die Stadt Bochum hat mit der Einführung der Zweitwohnungssteuer die Grundstückseigentümer angeschrieben. Diese wurden jedoch nicht zum Melden fremder Daten aufgefordert. Klaus Pohle, Leiter der Stadtkämmerei sagt, viele, die ein eigenes Häuschen gebaut hätten, würden heutzutage in zwei Wohnungen leben. Da die alten Mieter ausgezogen seien oder die Immobilie abbezahlt sei, machten es sich viele in zwei Wohnungen gemütlich. „Dafür muss ich dann auch Steuern bezahlen“, sagt Pohle. Zusätzliche Portokosten entstehen der Stadtkasse in Bochum jedoch nicht, denn „die Stadt verschickt diese Aufforderungen zusammen mit den normalen Grundbesitzabgabebescheiden“, sagt Pohle.
Der Bund der Steuerzahler in Nordrhein-Westfalen hält von der Abgabe „gar nichts“, wie Hans-Ulrich Liebern, Chef der Steuerabteilung des Vereins sagt. „Es sind gerade die Studentenstädte, die das eingeführt haben“, was dazu führe, dass viele andere Städte jetzt weniger Schlüsselzuweisungen des Landes erhielten. Das führe dazu, dass beispielsweise eine Stadt wie Höxter versuche Zweitwohnungssteuer von Studenten, die in Bielefeld studierten, aber noch ein Zimmer bei ihren Eltern in Höxter hätten, einzutreiben, sagt Liebern.
Wenn die Essener Datensammelwut viele Essener wütend gemacht hat, vom datenschutzrechtlichen Gesichtspunkt ist sie rechtens, wie Bettina Gayk, Sprecherin der Landesdatenschutzbeauftragten sagt. „Eine städtische Satzung der Stadt Essen deckt diese Form der Datenerhebung ab“, sagt Gayk.