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Archiv-Artikel

In der Flaute segeln

Original und Fälschung: Schill und Ex-Schill kämpfen in Hamburg gegeneinander ums nackte Überleben

hamburg taz ■ Sie können einem fast schon Leid tun, die von der Rechtstaatlichen Offensive. Mit zunehmender Verzweiflung versuchen sie zu erklären, warum irgendjemand in Hamburg eine Schill-Partei ohne Schill wählen sollte. „Das Programm zählt, nicht die Person“, gehört zum Standardrepertoire von Dirk Nockemann, Mario Mettbach und Norbert Frühauf. Der Innensenator, der Bausenator und der Fraktionsvorsitzende bilden die Troika, die in Einkaufszentren und Kneipenhinterzimmern unermüdlich beteuert: „Wir sind das Original.“

Offenbar glauben das nur noch wenige HamburgerInnen. Ein Prozent, höchstens zwei werden der Offensive vorausgesagt. Und der Mann, der sie vor zweieinhalb Jahren mit 19,4 Prozenten „von den Biertischen in die Regierung führte“, so Mettbach rückblickend, dann aber „über sich selbst stolperte“, wie Nockemann es interpretiert, Ronald Schill eben, hat nur noch Spott für seine einstigen Weggefährten übrig: „Nette harmlose Leute, aber ohne Chance gegen mich“, höhnte er, als er jüngst auf einem Wochenmarkt den Infotisch der anderen Fraktion passierte.

Kein Wunder, dass die Offensive beim Noch-Koalitionspartner CDU um Überlebenshilfe bettelt. Bürgermeister Ole von Beust jedoch lässt sich nicht erweichen. Kategorisch schloss er zwei Mal ein erneutes Bündnis mit den Ex-Schillianer aus, und mit Schill selbst natürlich auch.

Der gnadenlose Ex-Richter dümpelt mit seiner neuen Partei Pro DM/Schill zwischen drei und vier Prozent – und versucht deshalb ebenfalls, auf dem CDU-Ticket über die Fünfprozent-Hürde zu hüpfen. Die würde ihn als Koalitionspartner wieder akzeptieren, wenn sie ihn zur Mehrheit bräuchte, fabulierte Schill. Und fing sich eine harsche Absage des Bürgermeisters ein.

Die Schill-Partei ohne Schill, so sieht es aus, wird nach steilem Aufstieg hart und tief fallen. Auch der Namensstifter hat bereits eine Alternative im Blick. „Dann werde ich eben“, so der Hobby-Segler im Herbst nach mehrwöchigem Urlaub in Südostasien, „Touristen-Skipper in Malaysia.“ sven-michael veit

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