: Eine traurige Vorstellung
Neues hat Brigitte Baumeister zur Spendenaffäre der CDU kaum zu sagen. Daher wird sie Schäubles Ambition aufs höchste Staatsamt nicht ernsthaft gefährden können
BERLIN taz ■ Es gibt Veranstaltungen, über die man am liebsten schweigen würde. Weil es nichts zu berichten gibt, was wirklich von Belang ist. Weil es über keinen der Beteiligten etwas Gutes zu sagen gibt. Der einzige Grund, der einen Bericht über die gestrige Buchvorstellung der ehemaligen CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister in Berlin rechtfertigt, ist die Erwartung, die damit verknüpft war. Wird es neue Enthüllungen geben, die auf die Wahl des nächsten Bundespräsidenten Einfluss nehmen? Kann Baumeister verhindern, dass ihr früherer Freund und heutiger Intimfeind Wolfgang Schäuble ins Schloss Bellevue einzieht?
Kurz gesagt: Es spricht nichts dafür. Was auch immer gegen Schäuble einzuwenden ist – neue Erkenntnisse zu seiner Eignung für das höchste Staatsamt liefert weder Baumeisters Buch noch ihr gestriger peinlicher Auftritt. „Es geht an dem, was zu entscheiden ist, mit Sicherheit vollkommen vorbei“, sagte CDU-Chefin Angela Merkel. Damit hat sie Recht. Fragt sich nur, ob die nun kommenden Schlagzeilen auch an der CDU vorbeigehen.
Relevant für die Bundespräsidentenwahl wäre Baumeisters Buch nur dann, wenn sie neue Beweise für ein gravierendes strafbares Fehlverhalten Schäubles in der CDU-Spendenaffäre vorgelegt hätte. Doch, wie sie selbst sagte: „Revolutionär Neues gibt es nicht.“ Dass Baumeister und Schäuble einander widersprechen, wenn es darum geht, wer von beiden wann die 100.000-Mark-Spende des Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber im Jahr 1994 in Empfang nahm – alles längst bekannt. Das Ermittlungsverfahren wurde Ende 2001 eingestellt.
So sehr sich der Hausjurist des Heyne-Verlags, in dem das Buch erscheint, auch mühte, „neue Fakten“ zu präsentieren – sein Versuch wurde durch Baumeisters eigene Aussagen konterkariert. Ihr sei es nur darum gegangen, „die Geschichte für mich persönlich aufzubereiten“ und „eine Erklärung dafür zu finden, warum der eine oder andere der Beteiligten so gehandelt hat“.
Viele hätten sie gefragt, erzählte Baumeister mit Unschuldsblick, wie es denn hatte kommen können, dass sie und Schäuble in aller Öffentlichkeit dermaßen erbittert über diese Sache mit der 100.000-Mark-Spende gestritten haben. Dies sei vielen unverständlich gewesen, da die beiden in ihren früheren Funktionen als Schatzmeisterin und CDU-Chef doch so gut zusammengearbeitet hatten.
Das Zerwürfnis – und Schäubles gesamtes Verhalten – könne man nur verstehen, wenn man die persönlichen Hintergründe kenne. So versuchte Baumeister zu erklären, warum sie es für nötig hielt, Sätze zu schreiben wie den, dass Schäuble sie „auf eine schmerzliche, zerrissene Art auch als Frau besitzen wollte“. Warum sie sein späteres eisiges Schweigen ihr gegenüber auf „eine gehörige Portion gekränkte männliche Eitelkeit“ zurückführt – ohne Belege zu nennen.
Die Vorstellung, wie Schäubles Ehefrau auf solche spekulativen, aber höchst intimen Thesen reagieren könnte, scheint Baumeister bisher kaum tangiert zu haben: „Ich fühle mich nicht beschwert.“ Was sie geschrieben habe, gehe ja „weder gegen Frau Schäuble noch gegen die Familie von Herrn Schäuble“. Na dann.
Was bleibt, ist die Frage, warum das Buch gerade jetzt erscheint. Es sollte vor der Bundespräsidentenwahl veröffentlicht werden, sagte Baumeister, „um das Amt des Bundespräsidenten nicht zu beschädigen“. Das Amt wohlgemerkt. Den Kandidaten Schäuble wolle und könne sie gar nicht verhindern. „Da würde ich mich überschätzen.“ Es blieb der einzige kluge Satz einer bizarren Veranstaltung. Am Nachmittag erklärte die Berliner Staatsanwaltschaft, es gebe keinen Grund, neue Ermittlungen aufzunehmen. LUKAS WALLRAFF