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Archiv-Artikel

Schwarze Zukunft für weiße Farmen

Namibias Premierminister kündigt schnellere Umverteilung von weißem Farmland an schwarze Landlose an: Enteignung soll gegen Entschädigung möglich werden. Oppositionelle wittern Wahlkampfmanöver und warnen vor dem Vorbild Simbabwe

AUS JOHANNESBURG MARTINA SCHWIKOWSKI

Unsicherheit und Spekulationen kursieren in Namibia, seit Premierminister Theo-Ben Gurirab am Mittwochabend im Fernsehen eine beschleunigte Landreform durch zusätzliche Besitznahme von Farmen im Besitz von Weißen angekündigt hat. Über Einzelheiten und Zeitrahmen hüllte sich der Premier in Schweigen. Die Landfrage ist ein heikles Thema in Namibia wie im gesamten südlichen Afrika. In der ehemaligen deutschen Kolonie mit 1,9 Millionen Einwohnern sind 40 Prozent der Gesamtfläche im Besitz, darunter der Großteil des fruchtbaren Landes von rund 4.000 Großfarmern, zumeist Weiße.

Nach Regierungsangaben besitzen Namibias kommerzielle Großfarmer 30,5 Millionen Hektar, die viel zahlreicheren schwarze Kleinfarmer nur 2,2 Millionen. 240.000 landlose schwarze Bauern warten derzeit auf Umsiedlung. Seit der Unabhängigkeit 1990 haben lediglich 37.000 Menschen ein Stück Grund und Boden erhalten.

Die jetzige Ankündigung des Premierministers wird weithin als Propaganda der Regierungspartei Swapo (South West African People’s Organisation) gesehen, denn in Namibia stehen dieses Jahr Wahlen an. Dennoch drängt sich die Sorge vor einer Wiederholung der chaotischen Zustände in Simbabwe auf, trotz der Versicherung Gurirabs, die beabsichtigte Enteignung gehe Hand in Hand mit Entschädigung und solle im legalen und friedlichen Rahmen bleiben. Er rief Landbesitzer und Landlose zur Geduld auf. In Simbabwe hat die gewaltsame Enteignung mehrerer tausend weißer Farmer in den letzten vier Jahren zum Verfall der Wirtschaft und zur Bevorteilung der politischen Elite geführt.

Bisher funktioniert die 1995 gestartete Landreform in Namibia nach dem Prinzip der Freiwilligkeit: Gibt es für eine Farm willige Anbieter und interessierte Käufer, kann es zu einem Geschäftsabschluss kommen. Die Regierung hat Vorkaufsrecht und kann somit Land zur Ansiedlung von Landlosen erwerben. Bis Ende 2003 hat die Regierung unter diesem Schema allerdings lediglich 124 Farmen erworben, mit einer Größe von etwas über 700.000 Hektar. 1995 hatte das Ziel bei 9,5 Millionen Hektar in fünf Jahren gelegen.

Bereits letztes Jahr änderte Namibias Parlament das Landgesetz und erlaubte Enteignung. Seitdem steigt der Druck auf die Regierung, zumal vor einigen Monaten namibische Farmarbeiter mit der Besetzung weißer Farmen gedroht hatten. Schwarze Arbeiter werden häufig von Farmen vertrieben, auf der sie zum Teil seit Jahrzehnten leben.

Die Regierung wirft den Farmern mangelnde Mitarbeit vor, und erst letzte Woche warnte der stellvertretende Landminister Isak Katali, niemand solle den Schutz der Regierung missbrauchen. Im Januar waren die Behörden auf Seiten der Farmer eingeschritten, als sich in Ongombo West einige von Farmbesitzern gekündigte schwarze Arbeiter auf deren Land niederlassen wollten. Jan de Wet, Präsident der namibischen Landwirtschaftsunion, hat nun seine Kollegen besänftigt und erklärt, namibische Farmer könnten gewaltsamen Landnahmen vorbeugen, indem sie realistische Lösungen anbieten.

Mit schnellen Enteignungen ist in Namibia nicht zu rechnen. Zunächst soll die bestehende Landreform unter die Lupe genommen und die sozialwirtschaftlichen Hintergründe der Umsiedler auf den 124 bereits umverteilten Farmen untersucht werden. Diese Untersuchung wird von der Bundesrepublik Deutschland gefördert. Sie zahlt für das „Permanent Technical Team“ sowie die Landreform überhaupt 7,8 Millionen US-Dollar im Rahmen eines Finanzpakets in Gesamthöhe von 25,7 Millionen US-Dollar.

Namibias Opposition begrüßt den Schritt der Regierung und fordert, dass die Ethnien der Herero und San sowie vertriebene Farmarbeiter bei der Umverteilung von Land zu bevorzugen. Ignatius Shixwameni, Generalsekretär des Congress of Democrats (CoD), wirft der Regierung bewusste Verschleppung der Landreform vor. Katuutire Kaure, Präsident der Demokratischen Turnhallen-Allianz (DTA), fühlt sich jedoch an Simbabwes Präsident Robert Mugabe erinnert, der die unvollendete Landreform oft als Argument für sein Verbleiben im Amt missbraucht: „Es scheint, die vierte Amtszeit für Sam Nujoma steht uns bevor.“