: Schuld ist immer der Schiedsrichter
Die Wasserballer von Spandau 04 verlieren gegen Rijeka mit 7:8. Das Aus im Europacup? Bei Auswärtsspielen in Barcelona und Tschechow müssen jetzt drei Punkte her – was unwahrscheinlich ist: „Eine Todesgruppe“, sagt Präsident Hagen Stamm
VON ANDREAS RÜTTENAUER
Immer wenn die Wasserballer von Spandau 04 ein Heimspiel zu bestreiten haben, dann geschieht etwas, das man nur als Wunder von Schöneberg bezeichnen kann: die Verwandlung eines gekachelten Quaders namens Lehr- und Schwimmsporthalle Schöneberg in eine Zirkusarena in den Farben Rot und Gold. Hinzu kommen kulinarische Freuden: Denn trotz chlorgeschwängerter Umgebung kann man am Beckenrand gepflegt essen – ganz im Stile von Gourmetshows wie Pomp Duck and Circumstance. Dort werden die Gäste von professionellen Entertainern zum Blick über den Tellerrand hinaus angeregt.
In der im altrömischen Nero-Schick ausgeschlagenen Halle am Sachsendamm sind es Spitzensportler, die für die Erlebnisnote bei der Mahlzeit sorgen sollen. Viele Stammgäste gibt es mittlerweile, die sich an einen der 250 Plätze setzen und sich ein stilvolles Menu auftischen lassen, während unmittelbar vor ihnen Wasserballer ihrem Sport nachgehen.
Aperitif vor dem Spiel
Auch die Zuschauer auf den Rängen profitieren von dieser Art Sportrestaurant. Denn jeder Gast bekommt am Einlass einen Aperitif kredenzt. 1.000 Zuschauer kommen seither zu beinahe jedem Spiel, ein unglaublicher Erfolg. Bei Bundesligaspielen gegen Mannschaften aus dem unteren Tabellendrittel verloren sich noch in der Vorsaison nicht selten weniger als 50 Zuschauer auf den Rängen.
Der Berliner Gastronom Florian Sinnig, der die Heimspiele von Spandau 04 ausrichtet, hat mit den Mitteln der Erlebnisgastronomie den Hauptstadt-Wasserball VIP-fähig gemacht. Beim Euro-League-Spiel am Samstag gegen Rijeka war sogar Berlins Ober-VIP persönlich anwesend. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit ließ sich das Essen schmecken und strahlte glücklich grinsend auf das, was sich im Wasser abspielte.
Das sollte eigentlich die Hauptsache sein bei einer Sportveranstaltung. Und das war es zumindest für die beiden Mannschaften und für die Hand voll Fans, die schon immer auf der Tribüne standen und ihre Mannschaft nach vorne getrommelt haben. Spandau 04 hatte die Möglichkeit, mit einem Sieg gegen Primorje Rijeka bereits die Weichen zu stellen für den Einzug in die nächste Runde der Euro-League. Auch wenn sich mit Patrick Weissinger der Kapitän der Mannschaft krankgemeldet hatte, galten die Berliner gegen die junge Mannschaft aus Kroatien als Favoriten.
Doch die Berliner taten sich schwer. Das ganze Spiel über liefen sie einem Rückstand hinterher und verloren am Ende mit 7:8 (1:2, 3:4, 1:0, 2:2). Der Präsident der Spandauer, die Berliner Wasserballlegende Hagen Stamm, war nach dem Spiel ganz aufgeregt. Denn für ihn waren neben der bescheidenen Leistung seiner Spieler vor allem die Schiedsrichter aus Griechenland für die Niederlage verantwortlich.
Er stellte eine wahrhaft kühne These auf. Im Eröffnungsspiel bei Olympia trifft die Nationalmannschaft, die zum Großteil aus Berlinern besteht, auf Griechenland. Stamm vermutet, die Schiedsrichter hätten die Deutschen jetzt schon einmal einschüchtern wollen. „Das werden wir den Griechen heimzahlen“, versprach der aufgebrachte Präsi nach dem Spiel.
In der Tat war es auffällig, wie selten für die Center der Berliner gepfiffen wurde. Trainer Peter Röhle kam aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr heraus. Nur die Zuschauer blieben ruhig. Da kann die Schwimmhalle noch so römisch daherkommen, südländische Stimmung kommt so leicht eben doch nicht auf. Und so konnten die Schiedsrichter pfeifen, was sie wollten, die Zuschauer störte es nicht. Die Dinnergäste sind noch keine Wasserballexperten.
Bei der Party nach dem Spiel ging dennoch die Angst um bei den Anwesenden. Wenn es schlecht läuft, dann könnte das Spiel gegen Rijeka das letzte Europacupspiel dieser Saison in Schöneberg gewesen sein. In den zwei noch ausstehenden Auswärtsspielen in Barcelona und im russischen Tschechow müssen drei Punkte gewonnen werden. „Das ist eine Todesgruppe“, so Stamm.
Ein Ausscheiden der Spandauer wäre indes ein großer Rückschritt für den deutschen Wasserball. In der Vorsaison hatten sich die Berliner nach Jahren internationaler Bedeutungslosigkeit wieder für das Final Four der Euro-League qualifiziert. Die Nationalmannschaft hat kürzlich beim Turnier in Rio die Olympiateilnahme sicherstellen können. Da wollten die Spandauer eigentlich anknüpfen. Jetzt haben sie das Aus vor Augen. Da mag es ein schwacher Trost sein, dass auch beim nächsten Bundesligaspiel gegen Würzburg die Halle wieder todschick aussehen wird.