: Beim Fisch zählt die Herkunft
Die Fischfabrik „Deutsche See“ verbessert die Herkunftskennzeichnung und hofft, damit den Schutz bedrohter Bestände zu verbessern. Greenpeace bewertet das als Schritt in die richtige Richtung. Umweltschützer fordern darüber hinaus, die Ware müsse bis zum Schiff zurück verfolgbar sein
Die Fischwirtschaft soll die Herkunft ihrer Produkte besser kennzeichnen und so den Schutz bedrohter Fischbestände verbessern. „Die Verbraucher sollen in die Lage versetzt werden, durch ihr Kaufverhalten eine nachhaltige Fischerei zu fördern“, sagte der Vorsitzende des Bundesverbandes der Fischindustrie, Peter Dill. Die gesetzlichen Regelungen zum Schutz der Fischbestände seien unzureichend. Bettina Walter von der Umweltorganisation Greenpeace lobte Dills Vorschlag, für mehr Transparenz auf dem Markt zu sorgen. „Das ist ein guter Ansatz“, sagte sie der taz.
Seit sechs Jahren müssen Fischprodukte in der EU Hinweise auf die von der Welternährungsorganisation (FAO) definierten Fanggebiete tragen. Diese „FAO-Kennzeichnungen“ gehen der Fischwirtschaft nicht weit genug, denn die FAO-Fanggebiete sind so groß wie Kontinente. „Die Beschreibungen sind viel zu pauschal, als dass der Verbraucher daraus irgendetwas erkennen könnte“, kritisierte Dill.
Als Beispiel nennt Dill den Kabeljau, der in 13 verschiedenen Beständen vorkommt. „In der Nordsee ist der Bestand von der Überfischung bedroht; in der Barentssee dagegen enthält der Bestand Kabeljau in Hülle und Fülle“, sagte der Verbandsvorsitzende. In der gesetzlichen FAO-Kennzeichnung gehören beide Bestände jedoch zum Fanggebiet Nordostatlantik. „Damit kann kein Verbraucher unterscheiden, ob er gefährdeten Fisch oder nachhaltig bewirtschafteten Fang kauft“, kritisierte Dill.
Auch Greenpeace findet, dass es bei den verschiedenen Fischarten darauf ankomme, wo sie gefangen wurden. „Die Fanggebiete genauer anzugeben, ist genau der richtige Weg“, sagte die Greenpeace-Referentin Walter. Um illegale Fischerei unterbinden zu können, plädieren die Umweltschützer dafür, den Weg eines Fischs bis zurück zum Fang zu dokumentieren. Das bedeutet auch, den Zeitraum des Fangs festzuhalten.
In der neuen Version ihres Fisch-Einkaufsführers für Endverbraucher differenziert die Umweltorganisation ihre Empfehlungen ebenfalls nach Beständen. Demnach kann Hering aus dem Nordostatlantik ruhigen Gewissens nur gekauft werden, wenn er nicht aus der Nordsee, West-Schottland, Skagerrak und Kattegat, Nordirland und dem östlichen Ärmelkanal stammt. Greenpeace berücksichtigt zudem die Fangmethode: Ostsee-Hering, der mit Stellnetzen gefangen wurde, ist ebenfalls tabu.
Dill hat die neue Kennzeichnung in seiner eigenen Fischfabrik „Deutsche See“ bei ersten Produkten umgesetzt. Jetzt hofft er, dass weitere Verbandsmitglieder mitziehen. „Wir müssen deutlich machen, dass wir als Industrie unseren Teil der Verantwortung tragen“, appellierte der Verbandschef an seine Unternehmerkollegen.
Erfolge aus der freiwilligen Verbraucherinformation könnten in der EU eines Tages zu verbesserten gesetzlichen Regelungen in der Fischerei führen. Aus Sicht der deutschen Fischindustrie stünden drei Themen ganz oben auf der EU-Tagesordnung, sagte Dill: eine dem Problem entsprechende Festsetzung der Fangquoten, eine ausreichende Quotenkontrolle und die klare Sanktionierung von Verstößen.
Dass die „Deutsche See“ nicht einfach das Kennzeichnungssystem von Greenpeace oder der Umweltstiftung WWF übernimmt, erklärte Pressesprecher Holger Bockholt damit, „dass die argumentativ nicht immer auf unserer Wellenlänge liegen“. Sein Unternehmen werte wissenschaftliche Erkenntnisse lieber selbst aus, statt sich an den Interpretationen Dritter zu orientieren. GERNOT KNÖDLER