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Archiv-Artikel

Der Kandidatenteppich

Die Union kann es einfach nicht lassen: Obwohl mit Joachim Zeller ein Nachfolger für Landeschef Stölzl zur Verfügung steht, schielt so mancher über die Landesgrenzen hinaus. Ist dort ein Erlöser zu finden? taz-Empfehlungen für die Headhunter

von STEFAN ALBERTI

Die Headhunter sind schon auf der Suche. „Landesvorsitzende(r) der Berliner CDU“ – Ein toller Titel, ein toller Job, findet nämlich so mancher in der hiesigen Union, und hervorragend geeignet für konservative Politiker aus dem Bund. Schließlich hat auch Richard von Weizsäcker mit Zwischenstation an der Spree seinen Weg an die Spitze des Staates gemacht. Die Stellenbeschreibung ist einfach: „Wir wünschen uns, dass der künftige Landesvorsitzende 14.000 untereinander zerstrittene Parteimitglieder wieder zu Geschlossenheit führt. Bessere Umfragewerte als die der bisherigen Führungsebene sind garantiert, ein Gehalt nicht.“ Dafür kann sich der Kandidat schließlich mit simpler Pionierarbeit für höhere Aufgaben empfehlen. Nur bisher konnten die Headhunter noch keinen geeigneten Kopf präsentieren. Die taz ist daher selbst auf Suche gegangen.

Friedrich Merz bietet sich geradezu an. Kein Fortkommen mehr im Bundestag, seit Angela Merkel ihn als CDU-/CSU-Fraktionschef verdrängte. Nur noch Finanzpolitik unter ihrer Fuchtel? Zu wenig für den gerade mal 47-Jährigen. Von Berlin aus könnte er der Partei zeigen, dass er nicht nur Haushalte auseinander nehmen und gute Reden halten kann. Auch der vorübergehende Abstieg in die Provinz ist für den Sauerländer kein Problem. Und mit einem Chef, der jüngst noch nahe legte, im Extremfall die Sozialhilfe zu streichen, sind der Berliner Union auf Dauer Schlagzeilen gewiss.

Konkurrenz könnte Merz ein anderer Freund markiger Worte machen. Peter Gauweiler, früher Münchner CSU-Chef und Strauß-Zögling, ist nicht der Mann – zum Lummer noch mal – der auf der Hinterbank unter 247 CDU-Bundestagskollegen lange stillsitzen kann. Als exponierter Irakkriegsgegner könnte er in Berlin richtig Stimmen für die Union ziehen, anders als ein guter Teil der Abgeordnetenhausfraktion, der – was für ein Ausrutscher in sozialistische Tradition! – eine Ergebenheitsadresse an US-Präsident Bush geschrieben hatte. Gauweiler hingegen hielt das „C“ im Parteinamen hoch und betete in Bagdad für den Frieden.

Wie gut er das konservative Tafelsilber zu pflegen weiß, hat auch Jörg Schönbohm schon bewiesen. Der hat nicht nur Parteichefin Merkel, sondern auch als Berliner Innensenator schon bewiesen, wie er den Zampano machen kann. Gut, die Brandenburger Union wird ihn nicht so mir nichts, dir nichts abgeben. Aber warum nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und auf Parteiebene die Fusion vorziehen, ihn zum Vorsitzenden beider Länder machen? Damit könnte sich die Union auch als treibende Kraft der Zusammenlegung profilieren.

Die Bundes-CDU hat außerdem noch eine Frau anzubieten, die aus Brandenburg stammt. Die Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche, bekennende unverheiratete und damit metropolentaugliche Mutter. Die könnte sich auf Berliner Ebene abseilen, wenn die unionsinternen Hinweise zum fehlenden Trauschein auf Dauer zu sehr nerven. In Berlin, mit einem Fraktionschef Frank Steffel, der sich hinter die Homoehe stellte, kann die Partei kaum traditionelles Rollenverhalten einfordern.

Überhaupt Steffel, Fraktionschef und Raumausstatter. Der neue Chef, die neue Chefin muss mit ihm können, so oder so. Ein gemeinsamer Hintergrund ist da hilfreich. Nahe liegt Dagmar Wöhrl, Gattin eines Bekleidungsunternehmers und damit Branchenkollegin – Teppiche sind ja auch Textilien. Und auch eine weitere Qualifikation ist mit Blick auf das CDU-unterbelichtete Ostberlin nicht zu vernachlässigen: Die Bundestagsabgeordnete ist Präsidentin des Fürther Tierschutzvereins, sie stünde per se gegen eine Schließung des Tierparks Friedrichsfelde. Da hat sich zwar schon der scheidende Parteichef Christoph Stölzl probiert. Aber Chauvinismus hin oder her: Für Wählerstimmen macht sich eine für Tiere kämpfende Ex-Miss-Germany deutlich besser als ein kahlköpfiger Intellektueller.

Und wenn es die fünf nicht machen wollen, dann gibt es einen Kandidaten, der sich bislang schon für alle Ämter außerhalb der Uckermark empfohlen hat – nämlich den Herrn Wichmann von der CDU.