Starkes SARS-Virus

Studie: Übertragung des SARS-Virus auch über infizierte Gegenstände. Neue Unruhen in China, sinkende Ansteckungsrate in Hongkong

GENF/PEKING dpa/afp ■ Das SARS-Virus ist ansteckender als zunächst angenommen. Eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ergab, dass das Virus stärker und widerstandsfähiger ist als andere Viren der gleichen Familie. Deshalb könne der Erreger nicht nur von Mensch zu Mensch übertragen werden, sondern überlebe beispielsweise bei Zimmertemperatur auf Plastikflächen länger als 24 Stunden.

„Auch niedrige Temperaturen von unter null Grad können ihm kaum etwas anhaben“, sagte SARS-Expertin Maria Ching gestern in Genf. Jedoch vertrage das Virus keine Hitze und könne Temperaturen über 56 Grad nicht überstehen. Im menschlichen Stuhlgang könne es sich sogar bis zu vier Tage halten. „Die gute Nachricht ist, dass sich der SARS-Virus mit gewöhnlichen Desinfektionsmitteln abtöten lässt, wie wir jetzt herausgefunden haben“, erklärte Ching.

In China erhöhte sich gestern die Zahl der Todesopfer um weitere 9 auf insgesamt 206, es gab 160 Neuerkrankungen. Auch aus der Sonderzone Hongkong wurden 3 neue SARS-Todesfälle gemeldet, womit die Zahl dort auf 187 stieg. Es gab dort aber nur noch 8 Neuerkrankungen, was auf ein Abklingen der Seuche hindeutet. Dies scheint auch in Singapur der Fall zu sein.

In Peking standen gestern mehr als 15.000 Menschen zu Hause unter Quarantäne. In den ungenügend ausgestatteten Krankenhäusern drohte laut der Zeitung Beijing Star trotz Gehaltserhöhungen eine Kündigungswelle der Beschäftigten. Aus Protest gegen die geplante Einrichtung einer Quarantänestation kam es im Distrikt Yuhuan in der Provinz Zhejiang und in der Stadt Linzhou in der Provinz Henan zu Ausschreitungen. In Nanking, der Hauptstadt der Provinz Jiangsu, verhängten die Behörden eine Quarantäne über rund 10.000 Einwohner. Dort wurden erst 4 SARS-Fälle offiziell bestätigt.

In der Amurregion im russischen Fernen Osten sperrten die Behörden aus Sorge vor der Ausbreitung von SARS gestern einen Abschnitt der Grenze zu China. In der Region herrscht normalerweise reger Grenzverkehr.

Die EU-Staaten wollen heute bei einer Sondersitzung der Gesundheitsminister in Brüssel ihre Kräfte gegen SARS bündeln und über ein Europäisches Amt für Seuchenbekämpfung sprechen. In Europa gab es bisher 36 SARS-Fälle, aber keine Toten.