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Ungutes Gefühl in der Magengegend

Durch die 24:29-Niederlage bei TuSEM Essen hat der TBV Lemgo den Anschluss an die Tabellenspitze verpasst. Spieler und Verantwortliche sind angeschlagen. In Essen sieht man sich für die kommenden Aufgaben gestärkt

ESSEN taz ■ Selten waren sich die Verantwortlichen des TBV Lemgo bei der Beurteilung einer Niederlage so einig: „Das Spiel muss ich erst einmal verdauen“, sagten Trainer Volker Mudrow und Geschäftsführer Finn Holpert – ohne sich abgesprochen zu haben. Der Schock der 24:29-Niederlage bei TuSEM Essen saß vermutlich sehr tief. „Es war die schlechteste Leistung, seitdem ich das Traineramt in Lemgo übernommen habe“, sagte Mudrow. Wahrscheinlich spielte auch der Ärger über die verpasste Chance, mit Tabellenführer Flensburg-Handewitt gleichzuziehen, in der Analyse mit. Denn so schlecht war das Spiel dann doch nicht und in Essen – immerhin heimstarker Tabellensechster – kann man mal verlieren. Auch als amtierender Meister.

Das Unwohlsein verfolgt den TBV Lemgo schon seit mehreren Wochen. Eigentlich seit dem Gewinn der Handball-Europameisterschaft durch das deutsche Team, dessen Stamm aus Lemgoer Spielern bestand: Daniel Stephan, Christian Schwarzer, Volker Zerbe, Florian Kehrmann und der verletzt abgereiste Markus Baur bildeten die „Erste Achse“ des Teams. Einen Schub hat der Titelgewinn bei ihnen jedenfalls nicht verursacht. Die Spieler wirken überspielt und ausgepowert. Acht Spiele in zwölf Tagen haben ihre Spuren hinterlassen. Die Heimspiele in der Bundesliga wurden zuletzt zwar gewonnen; doch von der Lockerheit und von dem Tempo-Handball der Vor-EM-Phase war wenig übrig geblieben. Negativer Höhepunkt: Das ungewohnt deutliche Aus im Viertelfinale der Champions-League gegen den slowenischen Vertreter Celje Pivovarna Lasko. „Wenn es physisch nicht läuft, dann ist die Psyche gefordert“, sagte Finn Holpert, „ich hoffe, dass wir jetzt in dieser Situation alle zusammenrücken.“ Die Zeit dafür wird knapp. Am Samstag kommt mit dem THW Kiel der nächste direkte Konkurrent nach Lemgo.

Bei TuSEM Essen ist man von diesen Problemen derzeit verschont. Der finanziell angeschlagene Klub hat sich zumindest sportlich konsolidiert. In der Bundesliga stehen die Essener auf Platz sechs. Im Halbfinale des wirtschaftlich lebenswichtigen Europapokals trifft TuSEM auf den spanischen Vertreter Portland San Antonio. Und auch 5.000 Zuschauer gegen Lemgo sorgten für Wohlbefinden. „Das größte Lob für die Mannschaft wäre, wenn die Zuschauer in Zukunft wiederkommen würden“, sagt TuSEM-Boss Klaus Schorn. Vielleicht nimmt die Krisen-Saison der Essener doch noch ein gutes Ende. Zumal die Ansprüche bescheidener sind, als beim Gast aus Lemgo.

Von der Titelverteidigung scheinen der TBV Lemgo derweil weiter entfernt als es die zwei Punkte Rückstand ausdrücken. „Es war uns schon vorher klar, dass wir von allen Meisterschaftsanwärtern das härteste Restprogramm haben“, sagte Trainer Volker Mudrow. Der TBV muss noch zum starken Hamburger SV und zu Tabellenführer Flensburg-Handewitt reisen. Und am letzten Spieltag kommt der SC Magdeburg in die Lipperland-Halle. In der derzeitigen Form scheint den Lemgoern nicht allzu viel zuzutrauen sein. Allerdings löst sich irgendwann jede Störung des Verdauungstraktes – vielleicht auch die der gewonnenen Europameisterschaft. HOLGER PAULER

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