Die Leiden des alten Genossen

Ich habe im Fernsehn den Kanzler gesehn. Ich sah ihn dort sitzen und gehen und stehn. Und wie er so saß und so ging und so stand, fragte ich mich: Ist dir eingtlich bekannt?

Worums denn dem Kanzler im Grunde so geht, wenn er sich hinsetzt, bewegt oder steht? Beziehungsweise und überhaupt: Was ihn so antreibt und woran er glaubt.

Das geht ja seit Jahren jetzt so mit dem Mann, mal sitzt er, mal geht er, mal kommt er wo an. Das sah man schon x-tausend Male und mehr, das weiß man, doch weiß man auch: Wo kommt er her?

Ich frage jetzt nicht nach der Geographie, also kommt er aus Dings oder Bums oder wie, ich wüsste nur gerne: Was will er wieso? Hat er ’nen Grund oder ist es nur so,

als täte er das, was er tut, sangwirmal einfach nur so. Dann wär’s ja egal. Da könnt man mit leben, dann wüsste man ja, der Mann will nur spielen – und alles wär klar.

Mir würd das reichen, ich hab kein Problem, mit stehenden Kanzlern, die gehen, doch wem das nicht langt, wer fragt und wer bangt, dem kann es passiern, dass er plötzlich erkrankt

und feststellt: es tut mir ja überall weh, Moment – bin ich Mitglied der SPD? Und wenn ich das bin, wer ist dann der? Hab ich gepennt? Wie lang ist das her?

Dass der, der im Fernsehn behauptet, er wär Sozialdemokrat wie ich und noch mehr, mein Chef, mein Kanzler, mein Vorsitzender. Ich hab den gewählt? Dann schäm ich mich sehr.

Ach alter Genosse, so gräme dich nicht. Die Wahrheit ist bitter, doch ebenso schlicht: Du wusstest, das Leben ist kurz und beschissen. Dass Schröder ein Sozi ist, musst du nicht wissen.

Fritz Eckenga