Kommentar: Moloch Bahn : Privatisierung, gescheitert
2005: Das ist das magische Datum. Bis zum kommenden Jahr sollte Bahnmanager Hartmut Mehdorn seine Aktiengesellschaft, an die der Bund 100 Prozent der Anteile hält, ursprünglich an die Börse bringen. Und noch immer beharrt Bundeskanzler Gerhard Schröder für 2005 auf einer „schwarzen Null“ unter der Bilanz.
Schröder sollte seinen Traum einer verlustfrei arbeitenden Bahn aufgeben – die Kosten sind zu hoch. Denn die Folgen der angedachten Privatisierung zeigen sich bereits jetzt, tauchen aber nicht in der Bahn-Bilanz auf: Wie auf dem Jahrmarkt muss NRW-Verkehrsminister Horstmann mit Bahnchef Mehdorn um längst beschlossene Bahnausbauten feilschen. In die Röhre schauen alle: Die Bahnnutzer stehen auf heruntergekommenen Bahnhöfen, die Autofahrer im Dauerstau.
Überhaupt: Wer kontrolliert eigentlich die Bahn – oder besser gefragt: Wer schützt die Landespolitik vor Erpressungsversuchen durch die Schienen-Chefs? Geld her, sonst läuft eben nichts, scheint immer stärker deren Motto zu werden.
Denn noch immer setzt die Bahn in kostenträchtige Imageprojekte, in betongepflasterte Hochgeschwindigkeitsstrecken statt in intelligente Lösungen wie etwa die Neigetechnik, beklagen Umweltschutzverbände zu Recht. Ein unabhängiges Kostencontrolling durch das Bundesverkehrsministerium findet nicht statt. Die Bundespolitik sollte nach Großbritannien schauen: Dort wird die Privatisierungswelle bereits wieder zurückgedreht. ANDREAS WYPUTTA