: Rauchen für die Mütter und für die Erben
Die Tabaksteuer soll erhöht werden, um unter anderem Sterbegeld und künstliche Befruchtung zu finanzieren
BERLIN ap/dpa ■ Um die Gesundheitsreform zu finanzieren, soll offenbar doch die Tabaksteuer erhöht werden. Sozialministerin Ulla Schmidt plädierte gestern erstmals seit Monaten wieder offen dafür. Regierungssprecher Bela Anda schloss dies nicht mehr aus. Die SPD-Fraktion unterstützt den Vorschlag ebenfalls.
Die Tabaksteuererhöhung soll die so genannten versicherungsfremden Leistungen der Krankenkassen abdecken. Benötigt werden dafür 4 bis 5 Milliarden Euro pro Jahr. Es geht um Leistungen bei Mutterschaft, künstliche Befruchtung, Sterilisation und das Sterbegeld. Dafür wäre ein Aufschlag von etwa 60 Cent pro Zigarettenschachtel nötig. Schmidt will mit den erhöhten Tabaksteuern gleichzeitig vor allem junge Leute vom Zigarettenkonsum abbringen. Immerhin gebe es deswegen 110.000 Tote pro Jahr. Zuletzt war die Tabaksteuer zur Finanzierung der Antiterrormaßnahmen nach dem 11. September 2001 erhöht worden.
Neues gibt es auch zum Thema Renten: Angesichts der Defizite in den Rentenkassen müssen sich die 18 Millionen Rentner im kommenden Jahr möglicherweise auf eine Nullrunde einstellen. Die Bundesregierung prüft, ob sie die zum 1. Juli 2004 fällige Rentenerhöhung ein halbes Jahr verschieben will. Beschlossen sei aber nichts, es gebe auch keinen Entscheidungsdruck. Die Rentenschätzung ergab am Dienstag, dass die Beiträge zum Jahresende voraussichtlich von 19,5 auf 19,8 Prozent steigen.
Die SPD lehnt eine Nullrunde bisher ab, die Grünen halten sie für zumutbar. Auch die Arbeitgeber fordern einen Verzicht auf Erhöhungen. Nach Angaben aus der Rürup-Kommission könnte eine Verschiebung der Rentenerhöhung in 2004 den Beitrag dauerhaft um 0,2 Prozentpunkte mindern, berichtet das Handelsblatt. Die Rentenerhöhung 2004 dürfte allerdings gering ausfallen, weil sie unter anderem um den so genannten Riester-Abschlag gemindert wird.
Gestern tagte zudem die Rürup-Kommission für die Sozialreformen. Der interne Streit scheint entschärft. Letzte Woche hatten zwei Mitglieder gedroht, das Gremium zu verlassen: die Vorsitzende der Verbraucherzentralen, Edda Müller, und die Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Barbara Stolterfoht. Sie protestierten gegen den „vordemokratischen“ Führungsstil. Diese Kritik ist angekommen. Nach Angaben der Verbraucherschützer haben sie gestern die Chance erhalten, ihr Konzept für die geplante Gesundheitsreform zu erläutern.