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Archiv-Artikel

Umwelt ohne Anwalt

Debatte über Zuordnung des Umweltschutzes zur Wirtschaftsbehörde. GAL: „Wird Dieter Bohlen jetzt Frauenbeauftragter?“ Handelskammer will Infrastrukturbehörde

Umweltverbände haben gestern eindringlich davor gewarnt, den Bereich Umwelt bei der Senatsbildung der Wirtschaftsbehörde zuzuschlagen. Ein Zeitungsbericht mit entsprechenden Spekulationen entbehrt nach Informationen des BUND durchaus nicht der Grundlage. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und seine Berater überlegen demnach, die erst vor zwei Jahren geschaffene Behörde für Umwelt und Gesundheit (BUG) unter der Wirtschafts- und der Wissenschaftsbehörde aufzuteilen. Senatssprecher Klaus May wies das als „reine Fantasie“ zurück. Über die Zuschnitte der Ressorts sei noch nicht entschieden worden. Bereits vor der Wahl 2001 hat die einflussreiche Handelskammer eine „Infrastrukturbehörde“ unter Einschluss von Teilen der Umweltbehörde vorgeschlagen.

„Wer den Wirtschaftssenator als Hüter der Umwelt einsetzt, der kann auch gleich Dieter Bohlen zum Frauenbeauftragten ernennen“, kommentierte der GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Christian Maaß. BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch formulierte es trockener: „Gerade der klassische Zielkonflikt zwischen ökonomischen und ökologischen Interessen darf nicht in einer Fachbehörde zusammengelegt werden.“ Natur- und Umweltschutz hätten zwangsläufig das Nachsehen, weil der Wirtschaftssenator reine Standortpolitik machen müsse und daher um einen Ausgleich zwischen den Interessen gar nicht bemüht sein könne.

Der BUND sieht die Umweltverwaltung vor Herausforderungen, die eine eigenständige Umweltbehörde rechtfertigen. Sie müsse die Wasserrahmenrichtlinie und die Lärm-Richtlinie der EU umsetzen. Außerdem habe sie sich um den Biotopverbund, den Klimaschutz und die Elbe zu kümmern. Der BUND forderte den Bürgermeister daher auf, einen „Umweltsenator mit Format“ in seine Regierung zu holen.

Nach Ansicht der GAL muss die Umweltbehörde nicht nur selbständig bleiben, sondern sie sollte gestärkt werden durch die Kompetenz für den Verbraucherschutz, die Land- und Forstwirtschaft, die Landschaftsplanung und die Wasserwirtschaft. „Klassische“ Ämter der Umweltbehörde wie Naturschutz und Landschaftspflege sollten einer neu zu schaffenden Infrastrukturbehörde zugeordnet werden, findet dagegen die Handelskammer – „ohne dass wir dem Umweltschutz seine Bedeutung nehmen wollen“, wie Bereichsleiter Günther Klemm versichert. Diese Ämter sollten ja nicht abgeschafft sondern lediglich in toto transferiert werden.

Eine Infrastrukturbehörde würde sich nach der Idee der Kammer um das Bauen und die Stadtentwicklung kümmern. Andere Ämter der Umweltbehörde, wie das für Immissionsschutz und Betriebe, sollten der Wirtschaftsbehörde zugeschlagen werden. Gernot Knödler