: Dutroux-Chefermittler sagt aus
Untersuchungsrichter Langlois betont seine Unabhängigkeit und weist Vorwürfe von politischer Einflussnahme im Mädchenmord-Prozess zurück. Dutroux lässt Fotos zu
ARLON dpa ■ Der Chefermittler in der belgischen Dutroux-Affäre hat den Verdacht politischer Einflussnahme bei der Aufklärung der Mädchenmorde zurückgewiesen. „Ich war bei meiner Tätigkeit keinerlei Druck ausgesetzt – weder vonseiten der Gendarmerie noch vonseiten der Politik“, sagte Untersuchungsrichter Jacques Langlois gestern vor dem Schwurgericht von Arlon. Die Befragung von drei Fahndern nährte zugleich neue Zweifel, ob die Polizei Mitte der 90er-Jahre alles Nötige zum Auffinden der entführten Kinder getan hat. In dem Prozess geht es um die Entführung und Misshandlung von sechs Mädchen, von denen vier in Gefangenschaft starben.
Erst zwei Tage nach der Festnahme des wegen Vergewaltigung vorbestraften Marc Dutroux waren die beiden überlebenden Mädchen in dessen Keller gefunden worden. Der Polizist Marcel Guissard erklärte dies mit der äußerst raffinierten Anlage des Verstecks: „99 Prozent der Belgier wären daran vorbeigelaufen.“ Dutroux ergriff danach das Wort und erklärte, die Polizei habe sich erst auf sein Drängen zu den versteckten Kindern führen lassen.
Untersuchungsrichter Langlois verglich die Entführungen der sechs Mädchen 1995 und 1996 mit Fällen aus den 80er-Jahren, für die Dutroux und seine ebenfalls angeklagte Exfrau Michelle Martin bereits zu Haftstrafen verurteilt wurden. Damals habe Dutroux die Mädchen nicht betäubt und nicht eingesperrt, doch ansonsten seien die Vergewaltigungen nach dem gleichen Schema abgelaufen, sagte Langlois. Vehement äußerte er, politische Interessen stünden bei der Aufklärung der Dutroux-Affäre nicht auf dem Spiel: „Es gibt hinter diesem Fall keine Staatsräson, da will ich ganz deutlich sein.“ Chefermittler Langlois hatte anders als sein Vorgänger Jean-Marc Connerotte verschiedene Hinweise auf einflussreiche Netzwerke hinter dem Treiben Dutroux' zu den Akten gelegt. Er sei für sein Vorgehen in den Medien kritisiert worden, sagte Langlois. Er habe seine Arbeit aber stets unabhängig und unparteiisch gemacht.
Connerotte hatte dem Gericht Donnerstag von Drohungen gegen seine Person während der Ermittlungen berichtet. Er war maßgeblich an der Befreiung der beiden überlebenden Mädchen beteiligt, wurde aber nach einem Spaghetti-Essen mit betroffenen Familien wegen möglicher Befangenheit von seinen Aufgaben entbunden.
Dutroux’ Verteidiger teilte indes mit, sein Mandant willige nun doch in Film- und Fotoaufnahmen ein. Dutroux erläuterte, er gebe damit dem Druck der Öffentlichkeit nach. „Ich habe bemerkt, dass die Würde der Verhandlung in Gefahr war“, sagte der Hauptangeklagte. Er hatte es zum Prozessauftakt vor einer Woche abgelehnt, im Verhandlungssaal abgelichtet zu werden. Manche Zeitungen zeigten sein Bild dennoch ohne den in Belgien dann vorgeschriebenen Balken über den Augen.