: berliner szenen Winter-House, später
Dani ist Judith
Die Krokusse frieren. Wenigstens wirft die Kreuzberger Wolkendecke das Orange der Straßenlichter in anheimelnden Tönen zurück auf die Schlesische Straße, den Weg zum Maria am Ufer.
Etwas Nestwärme darf man sich auch von Dani Siciliano erhoffen. Schließlich kennt man sie schon eine ganze Weile als Sängerin, die Melancholie und stilles Glück gleichzeitig verbreiten kann. Bis vor kurzem ausschließlich zur Musik ihres Lebensgefährten Matthew Herbert, inzwischen zu eigenen Instrumentals. Gut gefüllt ist es für einen Montag, magenfreundliche Schunkelelektronik schwappt zum Eingang rüber. Die Männer sind alle älter als 24. Sie tragen Schwarz und Astra-Bier.
Dani Siciliano sieht mit ihrem dunkelblonden Ponyschnitt und ihrem schwarzen Kostüm ein bisschen wie die Schriftstellerin Judith Herrmann aus; trotz ihres Glamour signalisierenden Strassgürtels sehr leise und edel. Mittels eines Samplers loopt sie ihre Stimme und setzt sich selbst als Chor in den Hintergrund, bis die Rückkopplungen quietschen. Dem wohlwollenden Publikum gefällt, was Siciliano aus den Tracks ihres Albums „Likes …“ macht: Indie-Dancepop, mit richtigem Schlagzeug, Bass, Gitarre, Keyboard. „New Wave“, wirft einer in die Runde. Auch die tanzbare Jazzversion von Nirvanas „Come As You Are“ wird gefeiert. Selbst als sie ihren Hit „Walk The Line“ versaut, nimmt ihr das niemand krumm. Zu ergreifend singt sie zum Akkordeon von „One of these days“.
„Dass es gut und beschissen zugleich war, so zu leben“: Einer dieser Judith-Herrmann-Sätze, die auch auf Dani Siciliano passen. Nach höchstens einer Stunde ist es dann vorbei, zwei Zugaben bereits gegeben; eine lobenswerte englische Tradition. Draußen schneit es. CHRISTOPH BRAUN