: Rentenreform auf niedrigem Niveau
SPD-Abgeordnete setzen sich mit der Forderung nach einem Mindestrentenniveau von 46 Prozent durch. Die Bundesregierung soll im Jahr 2008 prüfen, ob sich eine Unterschreitung dieses Niveaus abzeichnet, und dann gegebenenfalls handeln
AUS BERLIN ANDREAS SPANNBAUER
Kurz vor der entscheidenden Abstimmung hat sich gestern eine Mehrheit für die Rentenreform im Bundestag abgezeichnet. Kritiker der Reform von Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) signalisierten ihre Zustimmung zu dem Gesetzentwurf, nachdem die Fraktionsspitze der SPD bereit war, auf die Forderung nach einem höheren Mindestniveau bei der Rente einzugehen.
Nach dreistündiger Debatte in der SPD-Fraktion sagte deren Fraktionschef Franz Müntefering gestern Abend, er gehe davon aus, dass die Koalition eine eigene Mehrheit bei der Bundestagsabstimmung am Donnerstag erhalten werde. Allerdings sahen einige Kritiker ihre Vorbehalte nicht gänzlich ausgeräumt. Auch die Grünen-Fraktion stimmte dem geänderten Gesetzesplan zu.
Danach soll doch ein Mindestniveau der Rente in Höhe von 46 Prozent des Durchschnittseinkommens nach 45 Jahren Renteneinzahlungen garantiert werden. Der linke SPD-Abgeordnete Horst Schmidbauer sagte, die Regierung werde explizit zu Gegenmaßnahmen aufgefordert, falls diese Grenze in den kommenden Jahrzehnten unterschritten werden sollte. Dazu könnte es durch den so genannten Nachhaltigkeitsfaktor kommen. Dieser wird mit dem Gesetz in die Rentenversicherung eingeführt. Er passt die Rentenhöhe an das Verhältnis zwischen Leistungsempfängern und Beitragszahlern an.
Schmidbauer sagte, eine Sicherungsklausel von 46 Prozent solle als „Halteschranke“ eingebaut werden. Wenn sie erreicht werde, müsse der Gesetzgeber handeln. Dafür solle die Regierung ab 2008 alle vier Jahre einen Rentenbericht mit aktuellen Prognosen vorlegen.
Sozialministerin Schmidt hatte bis zuletzt auf einem Mindestrentenniveau von 43 Prozent im Jahr 2030 bestanden. Auch nach Ansicht führender Rentenexperten galt ein höherer Wert bisher als nicht finanzierbar, wenn sich die demografische Entwicklung wie bisher fortsetzen sollte. Noch am Wochenende hatten sich bis zu sieben Neinstimmen aus der SPD-Fraktion abgezeichnet; die Koalition kann sich jedoch wegen ihrer knappen Mehrheit höchstens vier Gegenstimmen aus dem eigenen Lager leisten.
Der korrigierte Gestzentwurf sieht die Einfügung einer Passage vor, wonach im Rentenbericht der Bundesregierung 2008 „zur Beibehaltung des Sicherungsziels vor Steuern von 46 von 100 über das Jahr 2020 hinaus von der Bundesregierung geeignete Maßnahmen unter Wahrung der Beitragssatzstabilität vorzuschlagen sind“.
Die DGB-Vizechefin Ursula Engelen-Kefer hatte zuvor ein Mindestniveau von 43 Prozent als nicht akzeptabel bezeichnet. „Eine solche Absenkung machen wir nicht mit.“ Es gebe genügend Spielraum, den Beitragssatz stabil zu halten, ohne das Rentenniveau weiter sinken zu lassen. Der CDU-Sozialexperte Andreas Storm warnte hingegen, dass ein Mindestsicherungsniveau von 46 Prozent nur dann finanzierbar sei, wenn der Beitragssatz über 23 Prozent steige.