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Archiv-Artikel

Banken sind Teil des Systems

betr.: „DGB kritisiert Banken“ (Zögerliche Kreditvergabe), taz vom 8. 3. 04

Laut Sommer sollen nun also die Banken schuld an der Wirtschaftskrise haben. Fragen wir doch einmal, wie es den Banken heute geht und warum sie so handeln, wie sie eben handeln.

Ohne die Banken in Schutz nehmen zu wollen: auch sie sind Teil des Systems und ebenfalls von der Rezession betroffen. Die fetten Jahre sind für sie ebenso vorbei wie für den überwiegenden Teil der Wirtschaft. Die Bankmarge, die Differenz zwischen Einnahmen aus Kreditzinsen und Ausgaben für Zinsen auf Sparguthaben, lag in den Neunzigerjahren noch bei durchschnittlich knapp zwei Prozent. In der Zwischenzeit sind die Margen auf 1,2 Prozent zusammengeschrumpft. Grund sind neben den Verlusten an der Börse die vermehrten Kreditausfälle aufgrund von Firmenpleiten. Filialschließungen und Entlassungen sind die Folge. Die Banken stehen unter dem Zwang, die trotz der stagnierenden Wirtschaftsleistung durch den Zinseszinseffekt ständig zunehmenden Geldvermögen möglichst renditeträchtig in die Wirtschaft zu drücken. Um dem Zinsanspruch des Geldes gerecht zu werden und damit das Überleben der Bank zu sichern, müssen moralische Ansprüche an eine Investition immer häufiger zurückstehen. So gesellschaftlich sinnvoll eine Unternehmensidee sein möge, sie muss Rendite bringen. Nur darauf ist unser Wirtschaftssystem ausgerichtet – auf die Ansprüche des Kapitals. Die Banken spielen in diesem Spiel nur die Ausführungsgehilfen.

Es ist erstaunlich, wie salonfähig der Sport der Sündenbocksuche in Deutschland derzeit geworden ist. Jeder darf mal. Die Pfeile von Vorwürfen zischen nur so kreuz und quer durch die Republik. Azubis sind schuld, weil sie auf ihrem so schon mickrigen Ausbildungsgeld bestehen, die Konsumenten sind schuld, weil sie zu wenig konsumieren, die Arbeitnehmer sind schuld, weil sie nicht flexibel genug sind, die Globalisierung ist schuld, weil sie zu Abwanderung von Arbeitsplätzen führt. All diese Vorwürfe sind richtig und falsch zugleich. In einem System hängt zwangsläufig alles mit allem zusammen. So lassen sich natürlich für alle Probleme medienwirksam Schuldige finden. Wenn man verkürzt denkt! Es wird Zeit, dass die Menschen weiterfragen. SILKE NEMUTH, Dresden