piwik no script img

Archiv-Artikel

DIE SKANDINAVISCHE FLUGGESELLSCHAFT SAS IST ANACHRONISTISCH Neue nordische Zusammenarbeit

Nachdem nicht einmal mehr die vermeintlich so grundsoliden Schweizer ihre „Swissair“ retten konnten, war es nur noch eine Frage der Zeit. SAS, das stolze „Scandinavian Airlines System“ mit dem Ruf, so etwas wie der Volvo unter den Fluggesellschaften zu sein, wird vermutlich bald der Vergangenheit angehören. Zu lange glaubte die Vorstandsetage, allein mit dem guten Namen und einem Qualitätsangebot für Wohlhabende den Billiganbietern Paroli bieten zu können – und übersah dabei ganz offensichtlich, dass auch Volvo diesen Kampf verloren hat und nun zu Ford gehört.

Bei dem jetzt der SAS drohenden Massaker bleibt neben einer Aufspaltung in nationale Carrier wohl nur noch eine Langstrecken-Minigesellschaft mit „Skandinavian“ im Namen übrig – ein Happen, der über kurz oder lang von einem der Branchengroßen geschluckt wird. Noch aber haben die staatlichen Eigentümer in Stockholm, Kopenhagen und Oslo ein entscheidendes Wort mitzureden. Ihnen geht es nicht nur um sichere Arbeitsplätze und um betriebswirtschaftliche Vernunft, sondern auch um Symbolwerte. Wie schon 1946 auf der ersten DC-4 prangen die drei Staatsfarben auch auf den jetzigen Boeings, das Zeichen einer skandinavische Gemeinschaft. Es sollte einst den starken Zusammenschluss der schwachen Einzelkräfte ausdrücken, aber auch hochfliegende Pläne für eine gemeinsame Zukunft der drei Länder. Doch davon ist außer einem – tatsächlich reibungslos funktionierenden – Arbeitsmarkt und dem Zusammenarbeitsorgan „Nordischer Rat“, der verzweifelt seine Existenzberechtigung beweisen will, nicht viel übrig geblieben. Größere Bündnisse überrollten den regionalen Zwitter – mit dem Ende der SAS würde diese politische Ruine schon gar nicht mehr zu übersehen sein.

Vielleicht wird einmal das gesamtnordische Botschaftsprojekt in Berlin als Symbol für das Ende der alten und den Beginn einer neuen nordischen Zusammenarbeit stehen. Auf einem Grundstück, nachbarschaftlich und gemeinsam konzipiert, aber architektonisch grundverschieden.

REINHARD WOLFF