: Was Menschliches
Alte Migranten im Visier: AWO stellt deutschlandweit erstes Konzept „Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe“ vor
taz ■ Sie sind die Ersten. Die Ersten in Deutschland, die ein Konzept erarbeitet haben, wie sich das Altwerden von Migranten gestalten lässt. Die Arbeiterwohlfahrt hat gestern ein 35 Seiten starkes Papier vorgestellt, der Titel: „Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe“. Was edel klingt, hat mit handfesten Problemen zu tun: Damit, dass die Menschen, die einst als Gastarbeiter nach Deutschland kamen, jetzt in das Alter kommen, wo sie der Hilfe oder der Pflege befürfen. Und damit, dass deutsche Pflegeheime, aber auch Pflegedienste und andere Institutionen der Altenhilfe darauf kaum eingestellt sind. „Das Problem wird jetzt virulent“, sagte gestern Bremens Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD), deren Ressort das AWO-Projekt mit 8.000 Euro und damit zu zwei Dritteln finanziert hat. Die AWO-Grundlagen sollen von anderen Trägern übernommen werden.
Von rund 68.500 AusländerInnen in Bremen sind rund 5.700 älter als 60 – bis zum Jahr 2030 werden es sechsmal so viele sein. Besonders viele leben im Bremer Westen, in Gröpelingen und in Walle. Hier setzt die AWO das Konzept um. Das Ganze fußt auf fünf Säulen: Jede Einrichtung soll ein Leitbild erstellen, das auch die Öffnung hin zu Migranten beinhaltet. Jede Einrichtung soll sich „personell öffnen“, sprich Arbeitskräfte „mit Migrationshintergrund“ einstellen, um so den Senioren Brücken zu bauen. Sie soll sich außerdem „persönlich öffnen“: „Die Mitarbeiter müssen sich selber prüfen“, erläutert AWO-Mitarbeiterin Hannelore Bitter-Wirtz, „inwieweit sie bereit sind, Fremde anzunehmen.“ Dann geht es darum, auf die neue Kundschaft zuzugehen, also „um kulturspezifische Angebote oder auch darum, mit Moscheen zusammenzuarbeiten“. Und schlussendlich um die „inhaltliche Öffnung“, vulgo: Der bisher deutsch orientierte Koch muss auch arabische oder osteuropäische Gerichte draufhaben, Heimverträge oder Speisepläne müssen in mehreren Sprachen gehalten sein und Heime „optisch aufgepeppt“ werden: „Sei es mit ‚Herzlich willkommen‘ in fünf Sprachen oder ein paar Teppichen – ein bisschen was Menschliches“, so Bitter-Wirtz.
Das AWO-Konzept hat nicht nur humanitäre Gründe. „Es geht auch darum, dass sich hier Märkte verändern“, so AWO-Geschäftsführer Burkhard Schiller, „wenn wir uns darauf nicht einstellen, geht was an uns vorüber.“ sgi